Grundrissplanung (nicht nur) für Familien
Wer baut, hat oft Familie – zumindest Kinder, immer öfter sollen auch die Eltern bzw. Großeltern mit einziehen. Ein durchdachter Grundriss kann erheblich zum stressfreien Leben beitragen, alle zukünftigen Bewohner sollten daher planen und ein bisschen träumen.
Berechnung von Flächen im Wohnungsbau
Wohnflächenangaben unterschiedlicher Hausangebote sind nur miteinander vergleichbar, wenn sie auf dem selben Berechnungsmodus basieren. Grob überschlägig kann man rund 75 % bis 80 % der Grundfläche eines Hauses als Wohnfläche ansetzen. Zur exakten Ermittlung der Fläche bedient man sich in der Praxis der Wohnflächenverordnung (WoFlV), die allerdings nur für den öffentlich geförderten Wohnungsbau bindend ist.
Anzurechnen sind
- alle Fenster und Wandnischen, tiefer als 13 Zentimeter
- Treppen bis drei Stufen
- fest eingebaute Einbaumöbel, Duschen, Wannen, Heizgeräte etc.
- nicht beheizbare aber allseitig umbaute Wintergärten und Schwimmbäder etc. zu 50 %
- Balkone, Loggien und Terrassen in der Regel zu 25 %, höchstens jedoch zu 50 %
- Beim Dachgeschoss und unter Treppenläufen gilt: bis zwei Meter Höhe zählt die Fläche zu 100 %, zwischen ein und zwei Metern zu 50 %.
Nicht dazu gehören
- Türnischen
- Treppen mit mehr als drei Stufen
- Vormauerungen, Schornsteine, Säulen etc. mit mehr als 0,1 Quadratmeter Grundfläche und höher als 1,50 Meter
- alle Flächen mit weniger als einem Meter lichter Raumhöhe
- sowie Räume außerhalb der Wohnung wie Garagen, Heizungs- und Kellerräume, Waschküche. Sie gelten als Nutzfläche.
Immer wieder trifft man auch auf Flächenangaben nach der DIN 277, die allerdings als Basis für die Kostenberechnung im Hochbau geschaffen wurde. Dabei geht man von der Summe der Grundfläche aller Grundrissebenen aus und definiert die so genannte Nutzfläche. Diese Flächenberechnung kommt zu einer größeren Flächenangabe als die WoFlV. Achten Sie bei Flächenangaben also unbedingt auf die Berechnungsgrundlage.
Wohnraumbedarf ermitteln
Diese kleine Auswahl an Fragen zeigt Ihnen, wie Sie Raum für Raum bei der Bedarfsplanung vorgehen müssen. Setzen Sie die Fragen einfach mit Ihren individuellen Wohnbedürfnissen fort.
- Wollen Sie eine kleine Arbeitsküche und einen separaten Essraum?
- Bevorzugen Sie eine Wohnküche, in der gleichzeitig gekocht und gegessen werden kann?
- Wünschen Sie sich ein repräsentatives Wohnzimmer (ca. 40 m2)?
- Genügt ein kleineres Wohnzimmer (im öffentlich geförderten Wohnungsbau werden 24 qm vorgegeben)?
- Möchten Sie nutzungsneutrale Räume, d.h. Räume, die ungefähr gleich groß sind und immer wieder unterschiedlich genutzt werden können?
- Gefällt Ihnen ein offener Wohnbereich, z.B. auch mit Galerie?
- Oder favorisieren Sie separate Zimmer (mit naturgemäß besserem Schallschutz)?
Am besten listen Sie alle Nutzungsbereiche untereinander auf, vermerken die benötigte Größe und fügen eine Extraspalte für Bemerkungen an.
Der nächste Schritt ist die schematische Anordnung der Bereiche, am besten denken Sie die Größe gleich mit.
Wohnen neben der Küche, das Bad neben Schlafen, das ist die klassische Variante.
Was soll ins Erdgeschoss, was ins Ober- oder ins Untergeschoss?
Es werden sich nicht alle Ihre Wünsche umsetzen lassen, aber so nimmt Ihr Traumhaus Gestalt an.
Raumaufteilung im Haus optimieren
Aus dem Grundriss lassen sich genau Lage, Größe und Zuschnitt der Räume ablesen.
Sie können die Räume auf einer Ebene anordnen – die Voraussetzung für barrierefreies Wohnen – oder auf mehreren Geschossen verteilen, hier kommen meist zwei in Frage. Eine ganz klassische Variante, mit der die Mehrzahl der Familien gut zurecht kommt, lautet: im Erdgeschoss wohnen, im Dachgeschoss schlafen. Bei dieser Aufteilung befinden sich Küche, Esszimmer, Wohnzimmer, WC und Hauswirtschaftsraum im Erdgeschoss. Auf der oberen Etage folgen dann ein oder mehrere Schlafzimmer sowie das Bad. Dieser Grundriss wird dem Bedürfnis nach einem „öffentlichen” und „privaten” Bereich gerecht. Allerdings gibt es auch noch eine Vielzahl anderer Varianten, die möglicherweise gerade Ihrer Familien- oder Lebenssituation besser entsprechen. Vielleicht planen Sie das Elternschlafzimmer lieber im Erdgeschoss ein, zusammen mit einem eigenen Bad, abgetrennt durch einen kleinen Flur. Dann hat z. B. der Nachwuchs ein ganz eigenes Reich unterm Dach.
Verkehrsflächen im Haus
Häufig wird geraten, mit Verkehrsfläche - Diele, Flur, Treppe - zugunsten der Wohn- und Schlafräume geizig umzugehen. Das ist nicht zwingend sinnvoll. Im Erdgeschoss kann die Diele auch großzügig ausfallen – hier müssen Garderobe, Schuhe, Regenschirme, manchmal gar der Kinderwagen oder eine Sitzbank zum Schuhe anziehen untergebracht werden.
Die Diele ist zweifelsohne ein Teil des Hauses, wo sich gern „Krimskrams“ ansammelt und Kleidung getrocknet oder gelüftet werden muss. Um auf dem Sofa zu sitzen und ein paar DVDs oder das gute Geschirr zu verstauen, benötigt es dagegen eigentlich gar nicht so viel Platz. Überlegen Sie sich also gut, ob Sie wirklich die Diele zugunsten des Wohnzimmers minimieren möchten.
Und oben? Da kann ein großzügiger Flur durchaus zum gemeinsamen Spielen aller Kinder genutzt werden oder als Möbelfläche für Dinge, die für alle Hausbewohner jederzeit zugänglich sein sollen – z.B. der Wäscheschrank mit den Handtüchern. Eine Kehrseite der Medaille gibt es auch hier: Aus Kindern werden Teenager, die nicht mehr im Flur zusammen Legoschlösser bauen, sondern im jeweils eigenen Zimmer ihre Privatsphäre haben möchten – und dafür Platz brauchen. Es gilt also, sorgfältig abzuwägen und zu planen. Kann der Flur eventuell später zu einer Kammer umfunktioniert werden, durch das nachträgliche Einziehen einer Wand? Oder umgekehrt, der Ausbau einer Wand ein Zimmer vergrößern? Fakt ist, dass großzügige, am besten sogar galerieartige Flure und Treppen den Gesamteindruck eines Hauses sehr positiv in Richtung „Licht und Luft” beeinflussen und das Haus größer erscheinen lassen.
Gleich in diesem Zusammenhang steht die Treppenfrage: Soll die Treppe in ein separates Treppenhaus oder als offene Treppe in den Wohnbereich integriert werden? Die integrierte Treppe bedeutet zwar die offenere und damit modernere Bauweise, allerdings müssen Sie mit mehr Geräuschübertragungen im Haus rechnen.
Wie viel Wohnfläche braucht eine Familie?
Zu groß zu planen wäre Verschwendung von Geld und Energie. Zu knapp sollte der Platz allerdings auch nicht bemessen sein, ansonsten ist Stress baulich vorprogrammiert. Die meisten Einfamilienhäuser liegen zwischen 100 qm und 140 qm Wohnfläche. Vergleichen Sie doch einfach mit Ihrer jetzigen Wohnsituation! Wo wird es eng? Wo müssen Sie sich einschränken? Wo tritt man sich gegenseitig auf die Füße? Falls Sie mit einer moderneren Ausstattung liebäugeln, vergessen Sie nicht die Stellfläche für die neuen Möbel. Apropos: Planen Sie Türen mit einem Mindestabstand von 65 cm von der rechtwinklig verlaufenden Nachbarwand. Hinter der geöffneten Tür bleibt so Platz für einen Kleiderschrank.
Wo Sie keinesfalls Geiz zeigen sollten, ist bei der Größe der Kinderzimmer. In vielen Standardgrundrissen findet sich leider immer noch das 16 qm große Elternschlafzimmer neben dem knapp 10 qm großen Reich für den Nachwuchs. Wo doch jeder weiß, dass im Kinderzimmer nicht nur geschlafen, sondern auch gespielt und gelernt wird und das Treffen mit Freunden stattfindet.
Falls Sie bezüglich der Außenmaße Ihres Hauses eingeschränkt sind, wollen die Platzreserven im Keller und unterm Dach umso intelligenter genutzt werden. So bringt ein höherer Kniestock, der mit einer geringeren Dachneigung einhergeht, deutlich mehr Wohnfläche im Dachgeschoss.
Eine wohnliche Nutzung von Kellerräumen setzt vor allem ausreichend Tageslicht voraus. Bei einer Hanglage erreichen Sie dies mit großen Fenster an der herausragenden Hausfront. Bei einem ebenen Bauplatz lassen Sie das Gelände vor der Kellerwand abböschen – so erreicht Sonnenlicht das frei liegende Fenster im Untergeschoss.
Denken Sie bei der Bedarfsplanung aber auch daran, dass nicht nur Wohnflächen benötigt werden, sondern auch Nutzfläche und ausreichend Stauraum. Bei nicht unterkellerten Häusern ist ein Hauswirtschaftsraum im Erdgeschoss unerlässlich. Darüber hinaus können weitere Stauflächen genutzt werden, wie beispielsweise der Raum unter Treppen oder in Wandnischen.
Der Drempel in den Dachzimmern kann durch eine kleine Tür zugänglich gemacht oder durch Einbauschränke in seiner ganzen Tiefe genutzt werden. Auch wenn Sie ein bis zum First hin offenes Dach wegen der tollen Ausblicke reizt – fragen Sie sich selbstkritisch, ob Sie auf den Spitzboden als Staufläche verzichten wollen.
Offener Grundriss oder abgeschlossene Räume?
Eine der Grundsatzentscheidungen betrifft die Frage nach einem offenen Grundriss oder separaten Räumen. Küche, Essplatz, Wohnbereich – alles geht fließend ineinander über, das bedeutet freie Sicht, ein großzügiges Raumgefühl und viel Licht. Diese offene Architektur liegt im Trend und findet sich bei vielen Neubauten. Sie hat auch den Vorteil, dass man kleine Kinder während des Kochens vom Herd aus beaufsichtigen kann oder Gäste nicht alleine sitzen lassen muss, während man den Nachtisch zubereitet.
Andererseits, wie lange sind die Kinder so klein? Und möchte man Gäste immer an der Küchen-Unordnung teilhaben lassen? Sofabezüge und Vorhänge im Wohnzimmer profitieren auf Dauer auch nicht unbedingt von Küchendüften. Und wer im Wohnraum lesen oder fernsehen möchte, empfindet die offene Küche sicher auch als Lärmbelästigung.
All diese Fragen sollten wohl bedacht sein, bevor man sich für ein offenes Erdgeschoss entscheidet. Als Kompromiss bietet sich eine optionale, situationsabhängige Abtrennung der Küche durch (Glas-)Schiebetüren oder Wandscheiben an – das ist nicht nur praktisch, sondern auch schick.
Offen wohnen heißt oft auch, die Treppe in den Wohnbereich zu integrieren und in der Vertikalen durchlässig zu leben. Wer zugunsten der Raumwirkung und -größe auf eine Tür zum Treppenhaus hin und einen Treppenflur verzichtet, nimmt damit eine gewisse Ungemütlichkeit und „Betriebsamkeit“ in Kauf, zum Beispiel, wenn die Teenager anfangen, Freunde mitzubringen und in ihr Zimmer zu lotsen. Fernseher und Stereoanlage oder gut gelaunte Gäste können die Kinder im oberen Stockwerk leichter um den Schlaf bringen. Aber genauso andersherum: Wenn die Teeniebande oben rockt, kann’s unten nervig werden. Auch hier kann zumindest eine Option zur Abtrennung die Lösung sein.
Flexibilität bei der Grundrissplanung beachten
Wenn man bedenkt, dass ein Haus in der Regel mehr als 100 Jahre genutzt wird und auch der letzte Bewohner noch nach seinen Vorstellungen darin wohnen möchte, erstaunen die oft teuren und aufwendigen Umbauten nicht. Deshalb sollte eine Neueinteilung jederzeit, schnell und einfach möglich sein. Alle Voraussetzungen für einen wandlungsfähigen Grundriss stecken bereits im Entwurf.
Tipp: Größtmögliche Flexibilität bietet ein Haus im Lauf seines Lebens, wenn es mit einem Minimum an statisch erforderlichen Wänden auskommt. Da wo zwischenzeitlich Trennwände nötig werden, können diese in Trockenbauweise erstellt werden. Achten Sie deshalb bei der Planung auf die Anordnung der Fenster, damit bei einer Neueinteilung der Räume keine fensterlosen Kammern entstehen.
In kleinen Häusern müssen Räume zwangsweise auch mehrfach genutzt werden, weil der Platz für ein separates Büro oder Gästezimmer gar nicht vorhanden ist. Mit Regalen lässt sich z.B. eine Arbeitsecke vom Wohnbereich abtrennen. Gäste könnten auf einem Schlafsofa hinter einem mobilen Raumteiler nächtigen.
Wer sich ausreichend Grundfläche leisten kann, ist mit einem zusätzlichen Raum im Erdgeschoss gut beraten – flexibel nutzbar als Gäste-, Arbeits- oder Hauswirtschaftszimmer. Und wenn kein Dachgeschoss geplant ist, sollte hier aus dem Gäste-WC auch unbedingt gleich ein zweites Bad gemacht werden, zumindest mit Dusche. Keine kleine Investition, aber lohnend, denn sie entspannt das Familienleben vor allem mit älteren Kindern beträchtlich.