Wieder familienfreundlich
Normalerweise müssen Mauern fallen, wird ein Altbau modernem Wohnkomfort angepasst. Beim Umbau dieser Villa jedoch, vorher von nur zwei Personen genutzt, war es umgekehrt: Mit neuen Trockenbauwänden und der Nutzung des Spitzbodens entstand ein offener Wohnbereich im Erdgeschoss mit genügend Rückzugsmöglichkeiten in den oberen Stockwerken.
Schlichte Fassadengestaltung
Sie wirkt geradezu schlicht, diese Villa aus der Gründerzeit in Stuttgart Degerloch, jedenfalls im Vergleich zu den kleinen Nachbarschlösschen links und rechts. Trotz der Doppelgarage mit ausladender Dachterrasse, trotz des über zwei Etagen reichenden Wintergartens auf der Gartenseite. Denn die Villa ist etwas kompakter in der Form und mit ihrer hellgrauen Fassade auf britische Art zurückhaltend. Akzente in Weiß setzen die Rundbogenfenster mit den weißen Fensterfaschen und den weißen Fensterläden sowie die Untersicht der Dachüberstände.
In Eingangsbereich und Treppenhaus stehen helle Wände im Kontrast zu anthrazitfarbenen Fliesen. Ansonsten bilden Landhausdielen den Bodenbelag, in unterschiedlichen Formaten und mit einer Nutzschicht aus gelaugter Eiche.
Der offene Koch-Ess-Wohn-Bereich erstreckt sich fast über das gesamte Erdgeschoss. Im Obergeschoss finden sich das Gästezimmer, zwei Kinderzimmer und zwei Bäder, das größere für die Kinder, das kleinere für Gäste.
Rückzugsort der Eltern ist das Dachgeschoss. Man betritt es über die großzügige Ankleide mit anschließendem Balkon. Unter den Schrägen und Gauben liegt das Schlafzimmer. Der obere Teil des Wintergartens spendet hier viel Licht und öffnet den Raum zum Garten hin. Gegenüber befindet sich das Bad. Damit nicht genug, führt eine kleine Treppe weiter auf den Spitzboden. Hier liegt das Arbeitszimmer mit Blick auf die Dachlandschaft der Umgebung. Die Wandfarben sind durchweg pastellig, nie grell, mal mit hauchzartem grünen Einschlag, mal sand-, mal cremefarben.
Villa mit Vergangenheit
300 m² Wohnfläche: ein großzügiges Raumprogramm für vier Personen, aber nichts gegen die Verhältnisse vor dem Umbau. 2013 hatte Jens Siefers*) die zum Verkauf stehende Immobilie entdeckt, "beim morgendlichen Lauf auf dem Weg zum nahegelegenen Wald". Er und seine Frau Beate waren auf Anhieb von der Stadtvilla-Architektur der Gründerzeit und von der Lage begeistert.
*) Name von der Redaktion geändert
Auffällig sind die zwei Eingangstüren direkt nebeneinander, von denen jedoch die rechte unbenutzbar ist. Sie wird von der Treppe ins Obergeschoss blockiert. Es muss früher mindestens zwei Wohnungen mit separaten Zugängen gegeben haben, eventuell sogar eine dritte Wohneinheit.
Ein Haus mit bewegter Geschichte, ursprünglich wohl etwas kleiner. Ein Pfosten, der ein wenig unmotiviert mitten im heutigen Gästezimmer herumsteht, markiert die Südostecke des Ursprungsbaus von 1897. Irgendwann wurde um ein paar Meter erweitert.
Seit den späten Neunzigern lebten hier ein Vorstandsvorsitzender und seine Frau. Zwei Personen auf repräsentativen drei Geschossen. Das Obergeschoss bestand aus nur zwei großen Räumen, der Küche und dem Wohnzimmer, über den Wintergarten offen zum darübergelegenen Schlafzimmer. Für eine Familie war der Grundriss nicht geeignet.
Grundrissanpassung
Eigentlich nur auf der Suche nach gestalterischer Beratung, fanden die Bauherren ihren Planer für den gesamten Umbau: Thomas Rodens, Maler- und Lackierermeister und Geschäftsführer der Firma „handwerk mit stil“. Er und sein Team haben das Gebäude 2014 renoviert und saniert, sich um die Grundrissanpassung gekümmert, um die Technik und nicht zuletzt um die Gestaltung. In Zusammenarbeit mit einem Statiker ging man daran, die Zwei-Personen-Villa zur Familienvilla umzubauen.
Im Obergeschoss wurden zahlreiche neue Innenwände hochgezogen, so entstanden Kinderzimmer, Kinderbad, Gästezimmer. Mithilfe von Stahlträgern wurde im Wintergarten eine Decke eingezogen. Damit stoppte man den Kamineffekt, den Warmlufttransport von unten nach oben, und schuf auf beiden Stockwerken Privatsphäre.
Nahezu das gesamte Gebäude erhielt Fußbodenheizungen. Für Leitungen wie Netzwerkkabel bot sich der Schacht des kleinen Lastenaufzugs an, der vom Keller bis zum ersten Dachgeschoss reichte. Und für einen Wäscheabwurf – eine praktische Sache in einem Haus mit fünf Ebenen.
Edles Elternbad
Thomas Rodens präsentiert seinen Kunden immer gleich eine ganze Palette an Ideen und Materialien, für jeden Aspekt, jeden Teilbereich mehrere mögliche Lösungen. Man diskutiere, und so entstehe Schritt für Schritt ein detaillierter Entwurf, so der Experte. Manchmal werde aus einem anfänglichen Nein nach einiger Zeit der Überlegung doch noch ein Ja.
Das Elternbad im Dachgeschoss entspricht „eins zu eins“ dem ersten Vorschlag des Planers, den das Ehepaar Siefers zunächst verworfen hatte – um nach zwei Wochen wieder auf ihn zurückzukommen: anthrazitfarbene Feinsteinzeugfliesen auf dem Boden, die Wände mit grauem Kalkmarmorputz beschichtet, in leicht wolkiger Optik.
Wer nur helle Bäder kennt, mag zunächst befürchten, die dunklen Oberflächen würden erdrückend wirken. Doch das ist offensichtlich nicht der Fall, sonst wäre Peter Zumthors Therme im schweizerischen Vals, vollständig mit schwarzgrauem Quarzit ausgekleidet, nicht so beliebt. Erdrückt fühlen sich die Besucher dort an manchen Tagen höchstens von den anderen Badegästen.
Daten + Fakten
Umbau-Daten
Baujahr Altbau: 1897
Umbau: Januar – Juli 2014
Bauweise Bestand: massiv
Baustoffe Bestand, konstruktiv: Ziegel, Holz
Baustoffe Umbau: Stahl, Ziegel, Holz
Baustoffe Ausbau: Gipskartonplatten, Feinsteinzeugfliesen, Landhausdielen (Nutzschicht Eiche, gelaugt), Kalkmarmorputz
Heizung: Gas-Brennwertkessel, Fußbodenheizung
Ausstattung: Sauna, Dampfbad, klimat. Weinkeller (jew. UG)
Wohnfläche: ca. 300 m2
Umbaukosten: ca. 800.000 Euro
Planung: Thomas Rodens, Maler- und Lackierermeister, handwerk mit stil, Stuttgart, E-Mail: thomas.rodens@handwerkmitstil.de
Das könnte Sie auch interessieren:
- weitere interessante Renovierungsideen
- zurück zu Renovieren-Umbauen