Lehmputz und Kalkputz fürs Wohnklima
Wände atmen nicht. Punkt. Aber sofern richtig behandelt, können sie die Luftqualität in unseren Innenräumen positiv beeinflussen. Die traditionellen Wandbeschichtungen aus Lehm und Kalk tun sich hierbei hervor.
Denkmalpfleger haben in ihrer Beschäftigung mit historischer Bausubstanz immer wieder festgestellt, dass es in jahrhunderte- alten Häusern kaum Probleme mit Schimmelbefall gab, oder weit weniger, als man erwarten würde.
Die Probleme fingen typischerweise erst an, sobald mit modernen, ab den 1960ern erhältlichen Baustoffen saniert wurde. Ein Grund ist die Versiegelung von außen mit diesen oft diffusionsdichten oder diffusionshemmenden, den Feuchtetransport behindernden Materialien.
Innen versiegelte man mit Schaum- oder Vinyltapeten und Kunststoff-Dispersionsfarben und schuf so dahinter offenbar beste Bedingungen für den Pilz. Sowie gleichzeitig das gefürchtete Barackenklima in den Innenräumen.
Feuchteausgleich mit Lehm und Putz
Wo jedoch aus denkmalpflegerischen Gründen wieder der Originalzustand hergestellt wurde, besserte sich das Klima augenblicklich.
Bauphysiker, neugierig geworden, stellten ihre Messgeräte auf, allen voran den Hygrometer (Feuchtemesser), und fanden heraus, dass die traditionellen Kalkputze und besonders die Lehmputze Feuchte aus der Raumluft in großer Menge schadlos aufnehmen und wieder abgeben können.
Freigeben tun sie diese praktischerweise, sobald die relative Luftfeuchte unter einen bestimmten Wert sinkt, ab dem es für den Menschen kritisch wird.
Unterhalb von circa 30 Prozent trocknen die Schleimhäute und damit die Atemwege aus. Man beginnt nicht nur einfach, sich unwohl zu fühlen, es steigt nach Erkenntnissen amerikanischer Forscher auch die Infektionsgefahr. Die allgegenwärtigen Viren dringen leichter in den Organismus ein.
Lehm- und Kalkputz mit Filterfunktion
So ist die Fähigkeit zum Feuchteausgleich wichtig für die Wohngesundheit. In dieser Disziplin ist der Lehm, ein Gemisch aus Ton, Sand und Schluff, ungeschlagen. Je höher der Tonanteil, desto größer die Aufnahmekapazität. Statt auf 30 bis 60 Gramm Wasser pro Quadratmeter kommt ein nahezu reiner Tonputz auf um die 100 Gramm.
Dafür kann eine Kalkbeschichtung obendrein noch Schimmelsporen und Myzelien den Garaus machen. Der Grund: Kalkputze und Kalkfarben sind alkalisch. Auf Fungizide kann verzichtet werden.
Lehm wiederum ist darüber hinaus nicht nur wie die Naturkalkprodukte frei von Chemikalien, sondern auch ein natürlicher Hygiene-Filter. Im Zuge der Wanderung der Wassermoleküle werden auch Schadstoffe aller Art mittransportiert, die allerdings in den Kristallgittern der Tonminerale hängen bleiben. Dort können sie keinen Schaden anrichten.
Verarbeitung traditioneller Wandbeschichtungen
Mit Kalkputzen lassen sich ansprechende, matt glänzende und zugleich widerstandsfähige, wasserfeste Oberflächen herstellen, wie der aus Marokko bekannte Tadelakt. Rein mineralische Farben kann man fertig kaufen oder mit Naturpigmenten selber anmischen.
Kalkanstriche müssen dabei regelmäßig erneuert werden, weil die Alkalität mit der Zeit abnimmt. Zusatz von Silikaten bremst diesen Prozess – Dispersionssilikatputze und Dispersionssilikatfarben bleiben länger schimmelresistent.
Die Abriebfestigkeit von Kalkfarben erhöht sich bei Zugabe von Kasein, wie die Fähigkeit zur Pigmentaufnahme, weswegen sie weit kräftiger und leuchtender ausfallen. Vorsicht: Alkalisch bedeutet auch ätzend, bei der Verarbeitung gilt es vor allem, die Augen zu schützen.
Lehm dagegen ist unbedenklich und selbstbaufreundlich. Für den schnellen Feuchteausgleich durch Lehmputz genügen bereits drei bis fünf Millimeter Stärke. Eine nachhaltige Wirkung aufs Wohnklima erreiche man mit zehn bis 15 Millimetern, so Ralph Müller von der Firma „das Lehmkontor” in Gleichen.
Lehm- und Kalkfarben
Als alternative zum Putz gibt es Lehm- und Kalkfarben. Sie sind ebenfalls diffusionsoffen. Dadurch sorgen sie für ein gutes Wohnklima und beugen Schimmel vor. Es gibt Sie in zahlreichen Farbtönen.
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