Dachbegrünung: Machen Sie mehr aus Ihrem Dach!
Ein begrüntes Dach ist nicht nur schön anzusehen, sondern bringt auch ökologische Vorteile.
Gut fürs Klima: Gründach
Ob Blumenpracht oder Moosflächen: Ein begrüntes Dach ist ein echter Hingucker. Ein prominentes Leuchtturmprojekt in Sachen Dachbergünung ist der Bosco Verticale in Mailand, zwei begrünte Hochhäuser, die mit ihren 100 Metern über der Innenstadt emporragen.
Doch neben der Optik bringt eine Dachbegrünung viele weitere Vorteile mit sich. Nicht zuletzt spielen grüne Dächer von Einfamilienhäusern in Sachen Klimaschutz eine wesentliche Rolle.
Dachbegrünung in Zahlen
Allein im Jahr 2020 kamen in Deutschland fast 8.000.000 Quadratmeter Dachbegrünungen hinzu, so die Bilanz des „Marktreports Gebäudegrün 2021“ des Bundesverbands GebäudeGrün e.V. (BuGG).
- 2020 wurden in Deutschland 7.839.977 m² Dachfläche neu begrünt
- Die größte Dachbegrünungsfläche gibt es mit insgesamt 3.148.043 m² in München.
- Der durchschnittliche Gründach-Index liegt bundesweit bei 1,3 m² Gründach pro Einwohner
Die Gebäudebegrünung ist also längst kein „Nischenprodukt” mehr. Ganz im Gegenteil: Im Zuge der Klimaanpassungsmaßnahmen spielen Dach- und Fassadenbegrünungen eine zentrale Rolle.
Clever geplant, ist ein Gründach eine "Bienenweide", erklärt Jörg Baumhauer, Geschäftsführer von re-natur. Das Großhandelsunternehmen in Ruhwinkel in Schleswig-Holstein beliefert GaLaBauer, Dachdecker und Zimmermänner mit Materialien für Dachbegrünung – vom Dünger bis zu den passenden Pflanzen.
"Gerade im städtischen Bereich tragen Gründächer zu einem besseren Klima bei. Denn sie filtern Staub, nehmen Feuchtigkeit auf und geben sie langsam wieder ab – was zu einem milderen Klima in urbanen Gebieten beiträgt", betont Jörg Baumhauer.
Der Diplomingenieur und gelernte Garten- und Landschaftsbauer ist seit knapp 30 Jahren bei re-natur beschäftigt. In dieser Zeit hat das Bewusstsein für die Bedeutung begrünter Dächer stark zugenommen. Auf die richtige Auswahl der Pflanzen wurde früher wenig Wert gelegt. Das ist heute anders. "Die Vegetation ist insbesondere in den letzten fünf Jahren insektenfreundlicher geworden", weiß der Experte zu berichten.
Es gibt viele positive Eigenschaften, die für ein begrüntes Dach sprechen: Pflanzen und tragender Untergrund nehmen einen beträchtlichen Teil des Wassers auf. Etwas davon geben sie zeitverzögert ab, verschaffen so den öffentlichen Abwassersystemen eine Atempause, ein anderer Teil wird erst im Zuge der Verdunstung freigesetzt.
Vor rund 40 Jahren begann die professionelle Forschung an Baustoffen für Dachbegrünungen. Im Verlauf der Jahrzehnte wurden diese optimiert, sodass es heute relativ leicht ist, ein Dach selbst zu begrünen. So gibt es immer mehr private Hauseigentümer, die eine Dachbegrünung eigenständig umsetzen.
Vorteile eines Gründachs
Ein begrüntes Dach ist nicht nur optisch ansprechend, sondern es bringt auch viele Vorteile mit sich:
- mehr Nutzfläche
- längere Lebensdauer
- Schutz vor Extremtemperaturen und Witterungseinflüssen
- Schadstofffilter
- Energie sparen
- Klimaverbesserung durch Verdunstung
- Wärmedämmung im Winter
- Kühleffekt im Sommer
Die Vegetation auf dem Dach entfaltet noch andere segensreiche Wirkungen. Die Pflanzen binden Feinstaub und allerlei Luftschadstoffe, so wie es Zimmerpflanzen in geschlossenen Räumen tun. Sie produzieren Sauerstoff und kühlen außerdem durch die Verdunstung die Luft in der näheren Umgebung, verbessern also spürbar das Mikroklima.
Den wohltuenden Kühleffekt spüren natürlich die Bewohner der Häuser – um bis zu fünf Grad können Begrünungen im Sommer die Temperaturen im obersten Geschoss senken. Im Winter schützen sie das Gebäude zusätzlich zur Dämmung vor Wärmeverlusten.
Ein weiterer Vorteil von Gründächern ist der Wasserrückhalt bei Starkregen. Ab 8 cm Substratdicke sind das circa 50 Prozent des Abflusses in 15 Minuten. Wird der Aufbau der Dachbegrünung noch etwas dicker, steigt der Anteil. "Das ist vergleichbar mit einem Kaffeefilter", erklärt Prof. Dipl.-Ing. Daniel Westerholt, Professor für Vegetationstechnik im Landschaftsbau an der Hochschule Geisenheim. "Wenn man viel Wasser aufgießt, bleibt das Wasser stehen und fließt langsam ab." Dieser Grad des Wasserrückhalts ist beim Dach von der Bauart, der Schichtdicke und den verwendeten Baustoffen abhängig.
Ein Flachdach, aufgrund der Doppelbelastung durch Niederschläge und die enormen Temperaturschwankungen im Tages- und Jahreslauf stärker beansprucht als herkömmliche Schrägdächer, macht eine Begrünung widerstandsfähiger und langlebiger.
Mithilfe einer Dachbegrünung versickert Regenwasser an Ort und Stelle. Es muss also weniger Regenwasser in die Kanalisation abgeführt werden. Dadurch werden die Flächenversiegelungsabgabe und die Erschließungskosten reduziert.
Ein weiterer Vorteil: Gründächer fungieren im Ökosystem als Trittsteinbiotop. Dafür sind aber dickere Dachbegrünungen und andere Pflanzen notwendig.
"Die Verbindung eines Wasserspeichers und einer kontrollierten Wasserabgabe entlastet nicht zuletzt unsere Kanalnetze", unterstreicht Jörg Baumhauer. Deshalb sind begrünte Dächer aus städtebaulicher Sicht ein enormer Vorteil und werden aufgrund der positiven Effekte für die Umwelt teilweise auch gefördert. "All diese Faktoren schreien förmlich nach einem begrünten Dach. Wer keine Dachbegrünung macht, ist selbst Schuld", ermutigt der Profi.
Diese Pluspunkte kommen jedoch nur bei richtigem Systemaufbau zum Tragen. Damit wird die Dachfläche über ihre ureigene Funktion hinaus zur Nutzfläche, zum Beispiel eine Dachterrasse, die zur Wertsteigerung des Baugrunds beiträgt.
Möglich ist das Gründach bei kleinen Dächern von Garagen und Carports, aber auch Anbauten oder ganzen Häusern. Ein Klassiker der Dachbegrünung im Privatbereich ist der Carport, dessen Dach sich mit wenig Aufwand begrünen lässt. Einzelne Firmen bieten dafür komplette Sets an. "Wer ein Carportdach selber begrünt, sollte insbesondere auf die Absturzsicherung achten", empfiehlt der ausgebildete Gärtner, Landschafts- und Freiraumplaner Daniel Westerholt.
Kann man jedes Dach begrünen?
Generell kann jedes Dach begrünt werden – sofern die Voraussetzungen stimmen. Denn die Gestaltung der Dachbegrünung hängt natürlich nicht allein vom Geschmack der Bauherren, sondern vor allem von den bautechnischen Gegebenheiten des Daches ab.
Zunächst gilt es, die vor Ort geltenden baurechtlichen Vorschriften für Einfamilienhäuser zu klären. Denn es gibt durchaus Flächennutzungs - und Bebauungspläne, die eine Dachbegrünung nicht vorsehen. Ein Anruf bei der Gemeinde ist immer sinnvoll.
Entscheidend sind insbesondere Statik und Dachneigung. "Ein Dach mit einer 40 Grad Neigung lässt sich zwar begrünen, allerdings stellt sich die Frage, ob es ökonomisch sinnvoll ist", meint Dachbegrünungsexperte Jörg Baumhauer.
Auch die Lage bzw. Ausrichtung spielt eine Rolle. "Beschattet beispielsweise ein Ahorn das Dach einer Garage zu 80 Prozent, sollte man sich genau überlegen, ob es zielführend ist, ein solches Dach zu begrünen", gibt Jörg Baumhauer zu bedenken.
Eine weitere Voraussetzung für ein Gründach: Die Dachdichtungsbahn muss wurzelfest sein. "Eine Wurzelschutzbahn gehört auf die Dachdichtungsbahn. Ist sie nicht vorhanden, muss sie verlegt werden. Wer sich unsicher ist, sollte dies zunächst abklären", empfiehlt der Profi.
"Prinzipiell lässt sich jede Dachform begrünen, auch ein sehr steiles Satteldach", betont Gründachexperte Daniel Westerholt. "Man sollte jedoch stets den Kosten-Nutzen-Wert im Blick behalten."
Denn bei einem sehr steilen Dach ist der Schutz gegen die Verlagerung der Materialien deutlich aufwendiger und entsprechend teurer. "Als einzelnes Leuchtturmprojekt an der ein- oder anderen Stelle in der Stadt sind diese aber sehr sehenswert", so der Experte.
Wie ist ein Gründach aufgebaut?
Grundlage für ein begrüntes Dach ist eine wurzelfeste Dachabdichtung. Ist diese nicht vorhanden, wird zunächst eine Wurzelschutzfolie verlegt. Anschließend folgt eine Schutzmatte, damit die anschließende Dränageschicht aus Schüttstoffen (z.B. Bims, Lava, früher vorwiegend Blähton) oder einer Noppenbahn sich nicht durchdrückt. Deren Kanäle, Wasserspeichermulden und Diffusionsöffnungen stellen die selbst regulierende Be- und Entwässerung sowie die notwendige Wurzelbelüftung sicher.
Ein Filtervlies darüber hält Partikel aus der Substratschicht zurück. Das Substrat besteht zum Beispiel aus Holzspänen, Torf, Kompost oder Mulch oder einer Mischung dieser Stoffe, abgestimmt auf die jeweilige Bepflanzung. Stattdessen können jedoch auch spezielle Mineralsubstrate auf der Dichtungsbahn aufgetragen werden, die Pflanzschicht, Filter und Dränage in einem sind.
Aufbau Gründach
Was braucht man für eine Dachbegrünung? Ein begrüntes Dach besteht in der Regel aus folgenden Komponenten:
- wurzelfeste Dichtungsbahn
- Schutz- und Trennlage
- Dränageschicht (nicht beim Einschichtaufbau)
- Substrat
- Pflanzen
Der Aufbau einer Dachbegrünung hängt von den jeweiligen Voraussetzungen der Dachkonstruktion ab. So spielen insbesondere die Dachneigung, aber auch die vorhandene Dachabdichtung eine Rolle.
Wir zeigen Beispiele für den Aufbau eines begrünten Flachdachs und eines Satteldachs. Voraussetzung ist jeweils eine wurzelfeste Dachabdichtung.
Flachdachbegrünung (Dachneigung von null bis drei Grad)
Variante 1: abgedichtetes Flachdach mit max. zwei Prozent Gefälle und einer wurzelfesten Dachabdichtung, die zuvor vom Dachdecker angebracht wurde
- Schutz- und Trennlage: sorgt für den Schutz der Dachdichtung, da diese beansprucht wird – schließlich läuft man darauf herum
- Beim mehrschichtigen Aufbau wird auf diese Schutz- und Trennlage eine Drainageplatte oder -schicht gelegt. Das kann eine lose Schüttung, bestehend aus mineralischem Material wie Kiesel sein, oder, heute üblicher, eine Drainplatte.
- Auf diese Drainschicht kommt ein Filtervlies.
- Umlaufend, also entlang aller Dachränder und -durchbrüche, folgt eine 30-40 cm breite Kiesschüttung.
- Über die Dachabläufe baut man im Idealfall noch einen Kontrollschacht – ist eine Dachrinne vorhanden, wird anstelle eines Schachts eine Kiesfangleiste vor die Dachrinne gesetzt, damit der Kieselstreifen oder das Substrat nicht abrutscht.
- Zwischen Kieselstreifen und Substrat kann man noch eine sogenannte Substrattrennleiste anbringen. Sie sorgt dafür, dass das Substrat nicht in den Kieselstreifen rutscht; dadurch wird der Kieselstreifen etwas unattraktiver für die Pflanzen und man hat am Ende weniger Pflegeaufwand, etwa wenn man den Kieselstreifen von Unkraut säubern muss.
- Schließlich wird das Substrat in der Mitte des Dachs verteilt, mindestens 8 cm hoch.
- Je nach Dachbegrünung wird dann die Vegetation gestreut.
Variante 2: mit Einschichtbegrünung
- Schutz- und Trennlage
- Kieselstreifen außen herum plus eine Substrattrennleiste
- Kontrollschacht über Dachablauf bzw. Kiesfangleiste im Falle einer Dachrinne
- Bei dieser Variante der Flachdachbegrünung verzichtet man auf die Drainplatte und baut ein rein minerlaisches, einschichtiges Substrat auf. Dieses darf mindestens 10 cm hoch sein. Dadurch wird zusätzliches Plastik eingespart.
Schrägdachbegrünung (Dachneigung von drei bis 15 Grad)
Variante 1: abgedichtetes Satteldach ab drei Prozent Gefälle und einer wurzelfesten Dachabdichtung
Der Aufbau ist ähnlich wie bei der Flachdachbegrünung:
- Schutz- und Trennlage
- Kieselstreifen außen herum plus eine Substrattrennleiste
- Kontrollschacht über Dachablauf bzw. Kiesfangleiste im Falle einer Dachrinne
- Hier kommt ein extensives Substrat zum Einsatz, also ein organisch-mineralisches Extensivsubstrat. Dieses darf feiner sein und organische Anteile enthalten. Denn beim steilen Dach fließt das Wasser von alleine schnell genug ab; es geht darum, das Wasser zu halten und Kompost und mehr Feinanteile sorgen dafür, dass das Wasser langfristig auf dem Dach bleibt.
Steildachbegrünung (ab 15 Grad Dachneigung)
Bei sehr steilen Dächern ab einer Dachneigung von 15 Grad muss dafür gesorgt werden, dass das Substrat an Ort und Stelle bleibt. Dafür ist eine Schubschwelle oder Schubsicherung notwendig, die meistens auf der Schutz- und Trennlage oder sogar direkt auf der Dachdichtungsbahn aufgebaut wird.
Wichtigste Voraussetzung ist auch hier, dass die Statik mitspielt.
Um den Aufbau aus wurzelfester Dichtungsbahn, Dränageschicht, Substrat und Pflanzen tragen zu können, der bei 8 cm Substrataufbau mit 80 bis 100 Kilogramm pro Quadratmeter für die Begrünung (Lastreserve) wiegt, muss die Dachkonstruktion stabil sein.
Dank Rutschschwellen, Schubsicherungen, Krallmatten oder Erosionsschutzgeweben kommen übrigens ebenso Steildächer mit einer Neigung von bis zu 30 Grad in Frage.
Intensive und extensive Begrünung
Auf dem Dach wird zwischen extensiver und intensiver Bepflanzung unterschieden, abhängig von der Vegetationsform und der Substratschicht.
- eine extensive Dachbegrünung hat in der Regel eine Substratstärke von 4 bis 20 cm
- bei einer extensiven Dachbegrünung sind die Pflanzen sehr robust und benötigen weniger Pflege
- eine intensive Dachbegrünung ist in der Regel ab 15 cm Substratstärke möglich
- eine intensive Dachbegrünung erfordert mehr Pflege
Was ist eine extensive Dachbegrünung?
Bei der extensiven Begrünung kommen nur pflegeleichte Pflanzen infrage. Dafür reicht eine Substratstärke von 4 bis 20 cm. Nachhaltig wird es laut re-natur-Geschäftsführer Jörg Baumhauer ab 8 cm Substrataufbau.
Die Vegetation einer extensiven Dachbegrünung kann also weitgehend sich selbst überlassen werden. Sie besteht aus genügsamen, zähen Sedumarten. Dazu gehören u.a. Moose, Wildgräser, Kräuter und Staudengewächse.
Ebenfalls geeignet sind die besonders anspruchslosen Sukkulenten, die viel Wasser speichern und längere Trockenperioden schadlos überstehen können.
Je nach Ausrichtung der Dachfläche kann die Bepflanzung variieren.
Süd-Ausrichtung der Dachfläche
Bei voller Besonnung können wasserspeichernde Pflanzen wie Fetthenne, Mauerpfeffer, Thymian, Seifenkraut sowie einige Nelkensorten eingesetzt werden.
Nord-Ausrichtung der Dachfläche
Bei wenig Sonneneinfall würden sich diese Pflanzen nach und nach zurückziehen. Stattdessen wachsen dort dann Gräser. Auch wenn z.B. ein Baum Schatten erzeugt, wachsen mehr Gräser, während es andere Pflanzen schwerer haben.
Und was ist eine intensive Dachbegrünung?
Je intensiver bzw. je höher die Substratschicht ist, desto anspruchsvollere Pflanzen können eingesetzt werden. Ab einer Substratstärke von 15 cm Substratstärke beginnen einfache Intensivbegrünungen. Die intensive Bepflanzung eines Dachs wird von einer 15 bis 40 Zentimeter hohen Schichtung getragen und sollte regelmäßig gepflegt werden. Sie bringt dafür den größeren Speicher- und Dämmeffekt und ist sogar als Garten mit Büschen und kleinen Bäumen nutzbar.
Kurzum: "Eine intensive Dachbegrünung ist intensiv in der Pflege und auch intensiver mit Blick auf die Kosten", schmunzelt Jörg Baumhauer, betont aber, dass es generell keine Dachbegrünung ohne Pflege gibt. Auch eine extensive Dachbegrünung erfordert eine sorgfältige Dachwartung und Pflege, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden: "Mancher Hausbesitzer staunt, wenn 'plötzlich' eine drei Meter hohe Birke auf dem Dach des Eigenheims steht."
Welches Substrat nutzt man für die Dachbegrünung?
Die Menge des Substrats hängt von der Art der Dachbegrünung ab, also ob es sich um eine extensive oder intensive Dachbegrünung handelt. Das Substrat darf auch nicht zu schwer sein, da sonst die Statik der Konstruktion zu sehr belastet werden kann.
Wichtig: Unabhängig von der Dachneigung muss das Substrat liegen bleiben, schließlich leben die Pflanzen auf dem Dach davon. "Das Substrat muss Wind und Wetter standhalten", betont Jörg Baumhauer. "Es muss also windstabil und erosionssicher sein und darf sich nicht verlagern."
Der Profi empfiehlt, auf ein industriell gemischtes Substrat zurückzugreifen. "Verwenden Sie keine Eigenmischungen", empfiehlt er allen, die ihr Dach selbst begrünen möchten. "Bei den Eigenmischungen haben wir oft das Problem, dass sie nicht drainfähig, also nicht wasserdurchlässig genug sind, oder man sich am Ende sogar auch Unkraut aufs Dach holt", so der Dachbegrünungsprofi weiter. Lehm und Ton beispielsweise speichern das Wasser zwar sehr gut, nehmen es aber nicht schnell auf.
Das Wasser rauscht also ab. Damit die Pflanzen auf dem Dach Nährstoffe speichern und lange leben können, muss das Substrat Wasser speichern.
Es wird zwischen einem ein- und mehrschichtigen Substrat unterschieden, abhängig von der jeweiligen Dachneigung:
- Bei einer Dachneigung ab drei Grad kann man mit einem organisch-mineralischen Substrat arbeiten.
- Bei einer Dachneigung unter drei Grad wird ein Einschichtsubstrat verwendet, das in der Regel rein mineralisch (also nicht organisch) ist.
Der Profi empfiehlt je nach Dachbegrünung mindestens 6 bis 10 cm Substrat. "Dadurch wird die Pflanzenvielfalt auch für Insekten deutlich interessanter."
Welche Pflanzen eignen sich für eine Dachbegrünung?
Ein Dach lässt sich vielseitig begrünen. Die Auswahl der Pflanzen – im Fachjargon Vegetation – hängt von der Ausrichtung des Hausdachs und Art der Dachbegrünung ab. "Die Vegetation im 21. Stock eines Hochhauses in Berlin unterscheidet sich deutlich von der Bepflanzung eines Gründachs in einem Dorf wie Ruhwinkel", so Jörg Baumhauer. Es muss also zunächst geklärt werden, ob es sich, wie oben erklärt, um eine extensive oder intensive Dachbegrünung handelt.
Vegetation für ein begrüntes Dach ist in unterschiedlichen Varianten erhältlich. Die gängigste Lösung sind Dachbegrünungspflanzen, zum Beispiel Sukkulenten in Form von Multitopfpflanzen. Davon werden circa 15 bis 20 Stück pro Quadratmeter gepflanzt.
Im Fall von Sukkulenten in der Regel als Sprossen, die ausgestreut werden. Zudem gibt es Dachbegrünungsansaaten. "Das dauert dann ein bisschen länger", so Jörg Baumhauer.
Pflanzenliste für Dachbegrünung als Download
Hier finden Sie eine Liste mit Stauden und Gräsern für eine Extensivbegrünung als PDF zum Herunterladen.
Quelle: BUGG
Ein Standard ist heute die Sedum-Begrünung mit 8cm Substratdicke. Viele „Häuslebauer“ möchten jedoch einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten und entscheiden sich deshalb für eine andere, aufwendigere Vegetation – natürlich abhängig von der Statik des Hauses.
"Höher wachsende Pflanzen wie Kräuter und Gräser benötigen einen dickeren Aufbau, der mehr Wasser speichern kann", so Prof. Dipl.-Ing. Daniel Westerholt. "Denn diese Pflanzen brauchen mehr Wasser als Sedum, also sogenannte Dickblattgewächse wie Mauerpfeffer und Fetthennen."
Sedumarten sind pflegeleicht. Sie benötigen wenig Wasser und kommen je nach regionalem Klima durchaus auch mal einen Monat ohne Wasser aus. Die Artenvielfalt bei Sedum-Bepflanzungen ist allerdings etwas eingeschränkt.
Im oberen Preissegment gibt es sogenannte Vegetationskassetten oder -matten. "Diese sind fix und fertig vorkultuviert", erklärt der Profi. Wenn diese Vegetationsmatten auf dem Dach verlegt werden, hat man sofort eine komplett geschlossene Vegetationsdecke und es sieht aus, als würde das Dach schon seit ein paar Jahren "vor sich hinwachsen".
Je nach Ausrichtung und Begehbarkeit des Daches sowie abhängig vom verwendeten Substrat kann man Kräuter und sogar Gemüse anbauen. Jörg Baumhauer hat es selbst ausprobiert. "Der Vorteil: Dort oben kommen kaum Schnecken hin."
Das Haus- oder Garagendach begrünt man übrigens am besten im Frühjahr oder Herbst. Das junge Grün hat dann ausreichend Wasser zum Anwachsen zur Verfügung. Im Winter ist der ideale Zeitpunkt, die Maßnahmen zu planen, die Materialien rechtzeitig zu bestellen oder Fachfirmen zu beauftragen. Mit Ende der Frostperiode kann die Dachbegrünung dann umgesetzt werden.
Was kostet ein Gründach?
Was kostet ein Gründach pro Quadratmeter? "Die Preise schwanken von 30 bis 150 Euro pro Quadratmeter", erklärt Jörg Baumhauer. Der Profi empfiehlt, verschiedene Angebote einzuholen und miteinander zu vergleichen.
Was ein begrüntes Dach kostet, lässt sich nicht pauschal berechnen. Generell gilt: Je kleiner die Quadratmeterzahl und je höher der Aufbau, desto teurer wird es pro Quadratmeter. VerschiedeneFaktoren wirken sich auf den Preis einer Dachbegrünung aus:
- Größe der Dachfläche
- Dachneigung
- ein- oder mehrschichtiger Aufbau
- Ist eine Wurzelschutzbahn vorhanden?
- Dachdichtungsbahn
- Grad der Eigenleistung
Wird eine Dachbegrünung gefördert?
Bund, Land und Kommunen ermöglichen die Förderung von Dachbegrünungsmaßnahmen zu unterschiedlichen Bedingungen. Laut Bundesverband GebäudeGrün fördern bundesweit 42 Prozent der Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern Dachbegrünungen und geben finanzielle Zuschüsse.
Es gibt unterschiedliche Förderprogramme, abhängig vom Wohnort. Norddeutsche Städte fördern die Dachbegrünung mit bis zu 50 Prozent der Investitionskosten. "Hamburg ist zum Beispiel ganz weit vorne und definiert teilweise spezielle Bauweisen für Gründächer, nach der sogenannten Hamburger Gründachstrategie", erläutert Gründachexperte Daniel Westerholt. Für besonders viel Wasserrückhalt gibt es lukrative Förderprogramme. Auch die Stadt München gewährt für die Begrünung von Dächern und Fassaden Zuschüsse.
"Wenn gefördert wird, wird auch gefordert", sagt Jörg Baumhauer lachend. So wird im Rahmen einer Förderung meistens die Pflege eines Gründachs vorgeschrieben und muss sogar nachgewiesen werden. Das ist nach Meinung des Experten auch sinnvoll: "Es gibt keine vernünftige nachhaltige Dachbegrünung ohne Pflege."
"Es lohnt sich also, beim eigenen Gemeindeamt nachzufragen, welche Förderungen es in Hinblick auf eine Dachbegrünung gibt", empfiehlt Jörg Baumhauer. Die Website des Bundesverbands GebäudeGrün www.gebaeudegruen.info liefert hilfreiche Informationen rund um die Förderung von Dachbegrünung.
Auch viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen honorieren den Beitrag von Hausbesitzern, die auf ein Gründach setzen, indem sie weniger Gebühren für Niederschlagswasser berechnen. Wie viel das ausmacht, hängt von der begrünten Fläche ab und ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich.
"Die Investition in ein Gründach lohnt sich aber auch, weil es die Lebenszeit des Dachs um das Zwei- bis Dreifache verlängert", empfiehlt die Verbraucherzentrale NRW. Denn die Pflanzen schützen das Dach zusammen mit dem Bodensubstrat vor Sonneneinstrahlung, Frost und Hagel und damit vor Verschleiß.
Abhängig von Dacheindeckung und Gebäudeart kann es also günstiger sein, einmalig ein Gründach aufzubringen, als das herkömmliche Dach nach der üblichen Abnutzungszeit neu einzudecken.
Dachbegrünung selber machen
Um Zeit und Geld zu sparen, kann eine Dachbegrünung natürlich auch selbst durchgeführt werden. Zumindest für die Begrünung von kleineren Dächern ist nicht unbedingt profesionelle Hilfe notwendig.
Eine extensive Dachbegrünung mit nur wenigen Zentimetern Aufbauhöhe können Hausbesitzer auch selbst umsetzen. Insbesondere Flachdächer von Garagen, Carports, Mülltonnenboxen oder Gartenhäuschen können mit etwas Know-how und Geschick durchaus selbst begrünt werden.
"Wer es ganz unkompliziert halten möchte, kann auf seinem Dach eine Schicht Pflanzsubstrat aufbringen und dort trockenheitsverträgliche Pflanzen setzen – fertig", meint Annika Dobbers vom Projekt "Mehr Grün am Haus" von der Verbraucherzentrale NRW. Man verwendet dafür sogenanntes Einschichtsubtrat, mindestens acht Zentimeter. "Je nach Beschaffenheit des Dachs ist es wichtig, noch eine Wurzelschutzfolie als unterste Lage aufzubringen, um ein Einwachsen von Wurzeln in die Dachhaut zu verhindern", so die Expertin. Zusätzlich kann man auch ein Vlies als leichten Wasserspeicher und als Schutz der Dachhaut auf der Folie anbringen.
Eine Kiesfangleiste am Rand des Dachs erfüllt den Zweck, dass die Begrünung nicht weggespült oder -geweht wird. Etwas Kies zwischen Substrat und dem Dachabfluss hilft, diesen frei von organischem Material zu halten. Damit die Pflanzen in trockenen Phasen etwas besser mit Wasser versorgt werden und Regen verzögert abläuft, ist der Aufbau um eine weitere Vliesschicht unter dem Pflanzsubstrat mit sogenannten Dränelementen erweiterbar. Diese bestehen aus unterschiedlichen Materialien und erinnern in ihrer Form an Eierkartons. Setzt man Dränelemente ein, verwendet man ein dafür ausgelegtes Mehrschichtsubstrat.
Die Materialien für eine DIY-Dachbegrünung sind im Bau- oder Gartenhandel sowie online erhältlich. Es gibt auch vorgefertigte Pakete mit allem, was man braucht. Wichtig ist in jedem Fall die Prüfung der Statik: Das Dach sollte die zusätzliche Last tragen können. Eine extensive Dachbegrünung wiegt im nassen Zustand zwischen 80 und 180 kg pro Quadratmeter – das entspricht in etwa einem herkömmlichen Kiesbelag.
Tipp: Damit die Pflanzen genügend Wasser zum Anwachsen bekommen, sollte das Gründach im Herbst oder Frühjahr angelegt werden.
Dachbegrünung selber machen
Gründach mit Photovoltaik: Solargründach
Solar-Gründach – geht das? Ein Gründach lässt sich bestens mit einer Photovoltaikanlage kombinieren. Solar-Gründächer schränken die bekannten positiven Wirkungen von Dachbegrünungen nicht ein – es bleiben beispielsweise Artenvielfalt und Abflussbeiwerte im gleichen Umfang erhalten.
So leistet man gleich in doppelter Hinsicht seinen Anteil in puncto Ökologie: mit einer Photovoltaikanlage für nachhaltige Energieerzeugung und mit einem Gründach als Hitzeschutz und Beitrag zur Artenvielfalt.
Photovoltaik lässt sich, sorgfältig und gewerkeübergreifend geplant, sowohl mit einer extensiven als auch mit einer intensiven Dachbegrünung kombinieren. Dabei ist insbesondere auf die Abstände zu achten und dass die PV-Module nicht durch zu hoch wachsende Pflanzen verschattet werden.
Bei einem Solargründach sind die PV-Module in der Dachbegrünung verankert und profitieren in ihrer Leistung sogar von deren Kühlungseffekt. Bei Privathäusern bietet sich für ein Solargründach neben dem Flachdach des Wohngebäudes oft auch die Fläche auf der Garage als zusätzlicher Platz für Solarzellen an.
Übrigens: Immer mehr deutsche Städte fördern Dachbegrünungen mit finanziellen Zuschüssen und immer mehr die Kombination PV und Begrünung, heißt es im BuGG-Marktreport GebäudeGrün 2022.
Mit PV-Modulen auf seinem Gründach kann man die Sonnenenergie zur Stromerzeugung nutzen. Dabei hilft die kühlende Wirkung der Begrünung, auch an sehr heißen Tagen die Effizienz der Solarpaneele zu erhalten. Deren Leistung lässt nämlich mit zunehmenden Temperaturen nach.
Anders als auf ziegelgedeckten Schrägdächern benötigen die PV-Module auf dem begrünten Flachdach keine Verschraubung in der Dachkonstruktion. Stattdessen stehen sie fest verbunden auf Basisplatten. Diese werden mit dem Pflanzsubstrat beschwert. Wie hoch bzw. schwer die Substratschicht sein muss, hängt davon ab, wie viel Wind auf die Module einwirkt.
Tragfähigkeit berechnen
Rechnet man für eine Dachbegrünung mit 80 bis 180 kg Gewicht pro Quadratmeter im nassen Zustand, muss das Dach bei der Kombination mit Solartechnologie noch zusätzliche 25 kg pro Quadratmeter tragen können. Wer die Tragfähigkeit seines Daches nicht kennt, sollte daher bei der Planung des Solargründachs einen Statiker zu Rate ziehen.
Die Solarmodule auf dem Gründach stehen etwas erhöht auf Ständern, um einen Abstand zur Begrünung zu gewährleisten. Das hat den Zweck, Licht und Wasser an die darunter liegenden Pflanzen gelangen zu lassen und gleichzeitig eine Verschattung durch diese zu vermeiden.
Die PV-Elemente werden in Reihen aufgestellt – bei der Ausrichtung nach Süden hintereinander, bei einer Ost-West-Ausrichtung schmetterlingsförmig zueinander. Dabei ist es wichtig, zwischen den Reihen ausreichend Platz zu lassen, um das begrünte Dach pflegen und die Module warten zu können.
Bei der Auswahl der Pflanzen sollte man darauf achten, dass diese trockenheits- und hitzeverträglich sind und nicht höher als bis zur Unterkante der Module wachsen, damit sie keinen unerwünschten Schatten erzeugen.
Wichtig: Beim Aufbringen eines Solargründachs sollte man jeweils einen Fachbetrieb für Solartechnik und einen für Dachbegrünung koordinieren, die Hand in Hand arbeiten müssen.
Was bringt die Zukunft?
Und wie lange hält ein Gründach? "Richtig gepflegt, hält ein begrüntes Dach ein Leben lang", ist Jörg Baumhauer von re-natur überzeugt. Einmal jährlich sollte das Dach inspiziert und bei Bedarf von Fremdbewuchs befreit werden. Außerdem sollte insbesondere bei einer Flachdachbegrünung geprüft werden, ob das Wasser richtig abfließt.
In Zukunft wird es verstärkt smarte Lösungen für Gründächer geben. "Es gibt zum Beispiel Systeme, die an eine Wetter-App gekoppelt werden", so Prof. Dipl.-Ing. Daniel Westerholt. Wenn man weiß, dass es viel regnen wird, kann das Wasser aus dem Staubereich abgelassen werden, damit das neue Regenwasser aufgefangen werden kann. Dadurch hat man mehr Wasser für Pflanzen zur Verfügung.
Aber auch einfache Systeme, wie Drosseln an Abläufen von 0°-Gründächern, die durch die definierte Lochung nur eine bestimmte Menge Wasser pro Zeit entwässern und so den Ablaufzeitraum verlängern, werden häufiger eingebaut werden. "Wichtig wird auch sein, dass man Solardächer und Dachbegrünung zusammen denkt", so der Experte abschließend. "Denn am Ende haben nicht nur die Bauherren, sondern wir alle etwas davon."
Planungstipps fürs Gründach
Dachneigung
Faustregel: je steiler das Dach, desto kleiner die Pflanzen. Bei flachen Dächern mit einer Dachneigung von ungefähr drei Grad ist eine Intensivbegrünung mit Sträuchern und Bäumen möglich. Steilere Dächer sollten eher mit Moosen und Gräsern bepflanzt werden.
Dachkonstruktion
Im Wesentlichen muss geklärt werden, ob das Dach die Last durch Bepflanzung trägt. 250 kg pro Quadratmeter und mehr können bei einer Intensivbegrünung auf die Dachfläche drücken. Dazu sind punktuelle Spitzenbelastungen z.B. durch Bäume zu berücksichtigen.
Wärme- und Windschutz
Auch wenn die Begrünung selbst Wärmedämmeigenschaften besitzt, die Dämmung des Gebäudes ist weiterhin notwendig. Damit diese durch die zusätzliche Last der Pflanzen nicht beeinträchtigt wird, muss sie ausreichend druckstabil sein. Außerdem sollte auf jeden Fall die Auswirkung von starkem Wind getestet werden.
Brandschutz und Sicherheit
Bei der Planung eines Gründaches muss auch darauf geachtet werden, dass der Brandschutz nicht eingeschränkt wird. Wichtig ist auch, an ausreichende Sicherungsmaßnahmen zu denken, damit bei der Dachgartenpflege keine Unfälle passieren.
Fachbetriebe Gründach
Auf der Website des Bundesverbands GebäudeGrün www.gebaeudegruen.info findet man Adressen unter dem Menü-Punkt BUGG-Mitglieder (Tel.: +49 681 / 98 80 570; Kontaktformular).
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