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Vollfinanzierung: Chancen und Risiken der Baufinanzierung ohne Eigenkapital

Wer ein Haus baut, braucht in der Regel eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapital. Aber auch eine Vollfinanzierung ist möglich. 

Ohne Eigenkapital wird's teuer

Jeder will ihn haben: den niedrigsten Zinssatz. Dabei geht es um mehr, als nur auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Denn Zinssätze sind nicht in Stein gemeißelt und Kunde A bekommt bei der Bank nicht unbedingt das gleiche Angebot wie Kunde B. Andreas Brendel, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Hannover, kennt die Tipps und Tricks, um Zinsen zu sparen: „Zinsen sind noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau. Der von einer Bank kommunizierte Zinssatz ist aber in der Regel nicht genau der, zu dem Darlehensnehmer finanzieren können. Denn wer welchen Zins angeboten bekommt, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Es gibt aber einige Stellschrauben, mit denen Darlehensnehmer den Zinssatz nach unten drehen können. Grundsätzlich mögen Banken solide Finanzierungen und solvente Kunden, denn dadurch sinkt das Risiko von Zahlungsausfällen. Ein besonders wichtiger Faktor dafür ist das Eigenkapital. Auch, wenn einige Banken mittlerweile volle Kaufpreisfinanzierungen anbieten, gilt: Je mehr eigenes Kapital eingebracht wird, desto besser. Denn das wird dann mit einem besseren Zinssatz belohnt und durch den geringeren Darlehensbetrag fallen auch weniger Zinsen an.

Eigenleistungen können als Eigenkapital angerechnet werden

Das Eigenkapital muss jedoch nicht zwingend nur aus finanziellen Mitteln bestehen. Eigenleistungen, auch Muskelhypothek genannt, können ebenfalls als Eigenkapital angerechnet werden. Malerarbeiten, der Einbau von Bodenbelägen oder Dämmungsarbeiten können unter Umständen auch von unprofessionellen Helfern übernommen werden – das senkt die Darlehenssumme und somit wiederum die Zinszahlungen. Finanzierungsexperten empfehlen, die Niedrigzinsphasen dazu zu nutzen, möglichst hohe Tilgungsraten anzusetzen. Zwar sieht eine niedrige Rate einfach zu bewältigen aus, aber die Baufamilien haben dann nach Ablauf der Zinsbindung noch den allergrößten Teil der Shulden nicht getilgt. Wer das Darlehen aber schneller abzahlt – senkt das Risiko für die Bank und damit auch wieder den Zinssatz. Um sicherzugehen, wirklich die günstigsten Konditionen zu finden, hilft am besten ein umfassender Vergleich verschiedener Angebote. Durch die Vielzahl an Kreditinstituten ist es jedoch sehr aufwendig, auf eigene Faust umfassende Vergleiche aufzustellen. Vermittler von Immobilienkrediten haben Zugriff auf viele hundert Anbieter und können so das beste Angebot aus einer großen Anzahl an Banken und Sparkassen und finden – und das kostenfrei.

Faustregen 20 bis 30 Prozent Eigenkapital

Viele Menschen in Deutschland träumen von einem Eigenheim, sei es die Eigentumswohnung oder der Hauskauf bzw. -bau. Gerade in den aktuellen Niedrigzinszeiten erscheinen Immobilien zudem als attraktive Geldanlage. Jedoch haben vor allem jüngere Menschen oft nicht das notwendige Eigenkapital, um eine Immobilie zu finanzieren.

So wird der Mangel an Eigenkapital schnell zur Falle, wenn es um das Thema Baufinanzierung geht. Mindestens 20 bis 30 Prozent sollten bei einem Immobilienerwerb aus eigener Tasche angezahlt werden, lautet die Faustregel. Je mehr Eigenkapital, desto besser, denn dadurch sinkt der Bedarf an Fremdkapital sowie die damit einhergehenden Nebenkosten. 

Immobilienerwerb ohne Eigenkapital – ist das möglich?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten für die Finanzierung eines Bauvorhabens, wobei das Annuitäten- und das Tilgungsdarlehen die beliebtesten Varianten darstellen. Dennoch ist durchaus auch die sogenannte Vollfinanzierung möglich, bei welcher eine Immobilie ohne Eigenkapital erworben bzw. gebaut werden kann.

Somit übernimmt das Kreditinstitut auch die fehlenden 20 bis 30 Prozent, welche normalerweise aus dem Eigenkapital gestemmt werden, und unter Umständen zudem die Baunebenkosten. Folglich ist der Kreditanteil höher – und damit im Regelfall auch die Zinsen sowie der Tilgungszeitraum. Daher gilt die Vollfinanzierung gemeinhin als ein hohes Risiko und nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Aber stimmt das?

Viele Menschen wollen nicht länger warten

Wer über ausreichend Eigenkapital verfügt, fährt ohne die Vollfinanzierung oft besser. Dennoch gibt es das Modell nicht ohne Grund. Lange Zeit stellte es eher ein Randphänomen dar, aber im Zuge der steigenden Immobilienpreise und niedrigen Zinsen ändert sich das in den vergangenen Jahren nach und nach.

Immer mehr vor allem junge Menschen möchten in Immobilien als Altersvorsorge oder renditestarke Geldanlage investieren. Allerdings fehlt es ihnen häufig an der Zeit, erst einmal ausreichend Eigenkapital anzusparen. Bis dahin wäre das Objekt der Begierde längst verkauft oder die Immobilienpreise hätten ein Niveau erreicht, bei welchem ein Kauf nicht (mehr) sinnvoll wäre.

Es gibt viele Gründe, weshalb mit dem Erwerb eines Grundstückes oder einer Immobilie trotz fehlendem Eigenkapital nicht gewartet werden sollte. Manche Menschen sind auch schlichtweg ungeduldig. Dennoch ist das Modell der Vollfinanzierung mit Vorsicht zu genießen.

Wann und für wen die Vollfinanzierung Sinn macht

Wer die Niedrigzinsphase nutzen und ein Bauvorhaben voll finanzieren möchte, bedarf nämlich entsprechender Sicherheiten sowie eines überdurchschnittlichen Einkommens. Ansonsten wäre das Risiko der Schuldenfalle für beide Parteien – sprich den Kreditnehmer und -geber – zu hoch.

Der Bauherr muss also in der Lage sein, in den kommenden Jahren beziehungsweise Jahrzehnten konstant hohe Tilgungsraten an die Bank zu entrichten. Verdient er dafür genügend Geld steht schnell die Frage im Raum, weshalb er dann bislang nicht ausreichend Eigenkapital angespart hat. Eventuell vermutet die Bank einen schlechten Umgang mit Geld oder ein zu geringfügiges Einkommen und verweigert die Vollfinanzierung.

Tatsächlich kommt sie also nur für eine kleine Zielgruppe in Frage – jene Menschen, die entweder einen festen sowie überdurchschnittlich bezahlten Job haben, diesen aber gerade erst angetreten sind, sodass sie bislang keine Zeit zum Sparen hatten. Oder Personen, die über andere Sicherheiten wie bereits abbezahlte Immobilien verfügen, sodass ihr Eigenkapital gebunden ist. Wer zu diesen Zielgruppen gehört, für den kann die Vollfinanzierung durchaus attraktiv sein. 

Keine Vollfinanzierung ohne Sicherheiten

Die Sicherheiten spielen bei der Vollfinanzierung also eine besonders wichtige Rolle. Wie bereits erwähnt, müssen die betreffenden Personen entweder einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit überdurchschnittlichem Einkommen vorlegen können oder den Nachweis über gebundenes Kapital, beispielsweise in abbezahlten Immobilien, in Gold, Versicherungen oder Aktien.

Wer hingegen arbeitslos ist, nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat oder ein geringfügiges Einkommen aufweist, hat kaum Chancen auf eine entsprechende Kreditzusage. Auch Selbstständige stoßen bei der Vollfinanzierung oft auf Schwierigkeiten – selbst, wenn sie ein hohes Einkommen verzeichnen. Sinnvoll ist auch dann der Nachweis über gebundenes Kapital in anderen Geldanlagen.

Zudem nimmt die Bank natürlich, wie bei jedem anderen Kredit auch, eine Bonitätsprüfung vor und trifft schlussendlich eine Einzelfallentscheidung. Niemand hat also per se ein „Recht“ auf die Vollfinanzierung.

Das Risiko der Finanzierung ohne Eigenkapital kalkulieren

Prinzipiell gilt das Risiko bei der Aufnahme eines Kredites natürlich als geringer, je kleiner der Betrag des aufgenommenen Fremdkapitals ist. Dementsprechend hoch ist es bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital. Es stimmt also, dass die Vollfinanzierung ein höheres Risiko darstellt als die klassische Finanzierung mit mindestens 20 bis 30 Prozent Eigenkapital.

Mit dem Kreditbetrag steigen auch die Nebenkosten und die Tilgungen müssen höher sowie zumeist für einen längeren Zeitraum abgeleistet werden. Besonders gefährdet von einer Überschuldung sind Haushalte, die mehr als 40 Prozent ihres monatlichen Nettoeinkommens für die Kredittilgung ausgeben müssen.

Es ist daher wichtig, die eigene Darlehenshöhe vorab realistisch zu berechnen und sich umfassend beraten zu lassen. Stellt die Vollfinanzierung jedoch finanziell kein überhöhtes Risiko dar, kommt sie durchaus in Frage – muss dann aber natürlich auch noch von der Bank bewilligt werden.

Als grobe Faustformel für die Berechnung der Darlehenshöhe gilt: monatliches Nettoeinkommen multipliziert mit dem Faktor 110. Gerade bei einer Baufinanzierung sollte aber auch ausreichend Puffer vorhanden sein – entweder eben doch aus eigenen finanziellen Mitteln oder als Bestandteil des Fremdkapitals – um eventuelle, unvorhergesehene Kosten decken zu können. 

Fazit zur Vollfinanzierung eines Bauvorhabens

Schlussendlich liegen die Vorteile der Vollfinanzierung auf der Hand, denn sie ermöglicht die Realisierung eines Bauprojektes ohne Wartezeit. So können die Bauherren die Niedrigzinsphase zu ihrem Vorteil nutzen und sich eine Menge Geld für Mietzahlungen sparen, während sie ausreichend Eigenkapital ansparen. Dennoch sollte dieser Schritt gut überlegt sein, denn das Risiko ist hoch und trotz des Traums vom Eigenheim, muss dieses realistisch kalkuliert werden.

Eventuell lässt sich das Risiko auch noch durch die Inanspruchnahme von Baukindergeld, Fördermitteln & Co mindern. So oder so, sollte keinesfalls auf eine Restschuldversicherung oder Zinsbindung verzichtet werden, denn gerade aufgrund ihrer langen Laufzeiten kann die Vollfinanzierung ansonsten bei einem Ende der Niedrigzinsphase geradewegs in die Schuldenfalle führen – und dieses Ende wird in absehbarer Zeit kommen, da sind sich die Experten sicher.

Zudem gilt es, die Vollfinanzierung möglichst flexibel zu gestalten, beispielsweise mit der Möglichkeit zu Sondertilgungen. Dann kann sie für eine gewisse Zielgruppe durchaus eine sinnvolle Alternative zur klassischen Baufinanzierung darstellen. 

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