Skip to main content

Ein Recht auf Reparatur

Mit einem Recht auf Reparatur soll Elektroschrott eingedämmt werden. Was der neue Standard reparieren statt entsorgen für Hersteller bedeutet, erläutert Rechtsanwalt Dr. Ralph Egerer. 

Mit dem Recht auf Reparatur Lebensdauer verlängern

Zu den ehrgeizigen Zielen der Ampelkoalition gehört der entschiedene Kampf gegen Elektroschrottberge.

So heißt es im Koalitionsvertrag (S.113): „Wir wollen Nachhaltigkeit by design zum Standard bei Produkten machen. Die Lebensdauer und Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur). Wir stellen den Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen sicher. Herstellerinnen und Hersteller müssen während der üblichen Nutzungszeit Updates bereitstellen.“ 

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sieht das Thema als Schnittstelle zwischen Verbraucherschutz und Umweltschutz, die sich zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger gegenseitig verstärken (Steffi Lemke am 12.01.2022 in ihrer Rede vor dem Bundestag).

Öko Design Richtlinie

Reparieren statt entsorgen soll zum neuen Standard werden und auch für Handys, Laptops und andere IT-Geräte gelten.

Während die Zielsetzung weitgehend konsensfähig sein dürfte, mehren sich kritische Stimmen, die ein Bundesgesetz nicht für das richtige Instrument halten, um dieses Ziel zu erreichen. Ein nationaler Alleingang verbiete sich, das Thema gehöre auf die EU-Ebene.

Tatsächlich treibt die EU das Thema seit Jahren voran und hat unter anderem über die so genannte Öko Design Richtlinie (2009/125/EG) neue Maßstäbe gesetzt. EU-Verordnungen sehen jetzt schon vor, dass für Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen Ersatzteile zwischen 7 und 10 Jahre vorgehalten werden müssen. Für IT-Geräte wie Smartphones gilt das allerdings (bislang) noch nicht, obwohl es auch hierzu auf EU-Ebene Bestrebungen gibt. 

Funktionstüchtig, aber nicht alltagstauglich?

Die Pläne der Ampel stellen eine echte Herausforderung dar. Denn was bedeutet bei einem Smartphone z.B. „übliche Nutzungszeit“? Die oben genannten 7-10 Jahre sind auf schnelllebige Produkte wie Smartphones und Tablets eben nicht ohne weiteres übertragbar.

So ist ein Smartphone, das älter als fünf Jahre ist, zwar häufig noch funktionstüchtig, aber eben nicht mehr alltagstauglich. So konnte die „Corona App“ beispielsweise auf „älteren“ Smartphones nicht mehr ohne weiteres installiert werden. 

Recht auf Reparatur und Updates

Smartphones und Tablets werden oft nicht deshalb ersetzt, weil sie „kaputt“ wären, sondern weil sie veraltet sind oder so wahrgenommen werden. Deshalb plant der Gesetzgeber, dass für den Zeitraum der „üblichen Nutzungsdauer“ Updates zur Verfügung gestellt werden müssen.

Doch welche Voraussetzungen müssen diese Updates erfüllen? Müssen Sie dem Verbraucher ermöglichen, neue Technologien zu nutzen, die bei Markteinführung für den Hersteller ggfs. nur schwer absehbar waren?

Die Hürden für die Hersteller dürfen dabei nicht zu hoch gesetzt werden, denn jedes Gesetz muss dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit genügen. Zudem ist die Bereitstellung derartiger Updates für die Hersteller mit erheblichem Aufwand verbunden.

Auch kann die Zurverfügungstellung von Updates nicht ändern, dass insbesondere Smartphones auch Lifestyle Produkte sind, die viele Verbraucher ohnehin regelmäßig durch neue Modelle ersetzen. Schlimmstenfalls macht die Pflicht zur Bereitstellung von Updates derartige Geräte durch den erhöhten Aufwand für die Hersteller teurer, ohne jedoch Elektroschrott zu verhindern.

Reparaturanleitung und Haftung für die Produktsicherheit

Auch im Hardwarebereich müssen Hersteller künftig mit hohen Anforderungen rechnen. Es ist sicherlich nicht ohne größeren Aufwand möglich, eine Reparaturanleitung für ein Smartphone so zu gestalten, dass es von Laien selbst repariert werden kann.

Die Gefahr, dass durch unsachgemäße Reparaturen Schäden am Gerät aber auch ggfs. an der Person des Reparierenden oder gar Dritten entstehen, muss minimiert bzw. ausgeschlossen werden. Das scheint auf den ersten Blick eine (fast) unmögliche Zielsetzung. Immerhin geht es um Elektrogeräte! Kann eine solche „idiotensichere“ Reparaturanleitung überhaupt erstellt werden?

Zudem dürfte es ein erhebliches Spannungsfeld zwischen der Zielsetzung „Reparierbarkeit“ einerseits und der Haftung für die Produktsicherheit andererseits geben. Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass künftig Gerichte stark damit beschäftigt sein werden zu prüfen, ob eine Reparaturanleitung verständlich genug war, ob alle Sicherheitsaspekte im notwendigen Umfang beachtet wurden und wer im jeweiligen Einzelfall für die entstandenen Schäden haftet. 

Recht auf Reparatur mit Reparaturservice

Darüber hinaus muss das geplante Gesetz folgende Fragen für Hersteller beantwortbar machen:

  • Welche Ersatzteile müssen in welchem Umfang und in welchem Zeitraum zur Verfügung stehen?
  • Muss der Hersteller selbst einen „Reparaturservice“ bereitstellen?
  • Welche Dokumentationspflichten soll es geben?
  • Was passiert bei Verstößen gegen das Gesetz?
  • Sollen Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungen als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden oder gar als Straftatbestände? 

Unlauterer Wettbewerb

Für all diese Fragestellungen lassen sich möglicherweise Lösungen finden. Allerdings ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der bürokratische Aufwand für Unternehmen steigt.

Auch muss damit gerechnet werden, dass Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherschützern zunehmen, nicht zuletzt, um eine gerichtliche Klärung offener Fragen herbeizuführen. Denn Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen könnten unlauteren Wettbewerb darstellen, was wiederum kostspielige Konsequenzen haben kann.

Laut Koalitionsvertrag soll überdies geprüft werden, ob das Bundeskartellamt damit betraut wird, Verstöße gegen Bestimmungen des Verbraucherschutzes zu ermitteln und abzustellen. Auch das legt nahe, dass Zuwiderhandlungen erhebliche finanzielle Konsequenzen haben könnten.

Die Autoren

Dr. Ralph Egerer ist Rechtsanwalt und Partner bei Rödl & Partner im Geschäftsbereich geistiges Eigentum / Know-how-Schutz tätig. Er berät in- und ausländische Unternehmen verschiedener Branchen aus den Bereichen Produktion, Handel und Dienstleistung zu Fragen der Entwicklung, des Schutzes sowie der Durchsetzung von geistigem Eigentum und Know-how sowie des Vertriebs von Produkten. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden Patente und Arbeitnehmererfindungen, Marken und Designs sowie die vertragliche Gestaltung von nationalen und internationalen Vertriebs-, Lizenz- und F & E-Beziehungen sowie das Wettbewerbs- und Kartellrecht.

Gisela Meister ist Rechtsanwältin und Senior Associate bei Rödl & Partner in Nürnberg und berät in- und ausländische Unternehmen in Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts und des Wettbewerbsrechts. Sie vertritt darüber hinaus Träger berühmter Namen bei der Durchsetzung ihrer Namensrechte, insbesondere im Rahmen der Bekämpfung von Namensmissbrauch durch Dritte.

Weitere Beiträge zur Nachhaltigkeit:

Hier geht's zurück zur Startseite.

Über bau-welt.de

Wer einen Hausbau plant oder einen Altbau saniert, hat in der Regel viele Fragen. bau-welt.de informiert Bauherren und Renovierer über alle wichtigen Themen und gibt hilfreiche Tipps. 

Mit unserem Haus-Konfigurator können Sie schnell und einfach nach Ihren persönlichen Suchkriterien nach neuen Häusern suchen, ob Massivhaus oder Fertighaus.

Über den CPZ-Verlag

Der City-Post Zeitschriftenverlag publiziert seit über 40 Jahren Zeitschriften für die Zielgruppe der privaten Bauherren und Modernisierer.

Zum Portfolio gehören u.a. die Zeitschriften Das Einfamilienhaus, Umbauen + Modernisieren und Unser Haus sowie zehn Sonderpublikationen. Erfahren Sie mehr über den CPZ-Verlag. Hier finden Sie unsere Mediadaten.