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Lagom wohnen: Weniger ist mehr

Hygge kennt mittlerweile jeder. Aus Schweden schwappt ein neuer Wohntrend nach Deutschland über: Mit einer Lagom Einrichtung ist in den eigenen vier Wänden alles im Lot. Wer nach Lagom wohnen möchte, konzentriert sich aufs Wesentliche.

Es ist für deutsche Zungen ungewohnt, diesen Begriff aus Schweden auszusprechen. Und überhaupt, was soll das heißen, Lagom wohnen?

Wie spricht man Lagom aus?

Der schwedische Ausdruck Lagom bedeutet so viel wie „genau richtig“ oder „ausgewogen“. Das a wird wie ein langgezogenes „oa“ gesprochen, ähnlich wie im englischen law. Skeptiker bezeichnen Lagom abwertend als durchschnittlich, während Fans darin darin eine optimale Balance sehen.

Der Wunsch, es sich daheim gemütlich zu machen, hängt sicherlich mit dem Klima im Norden zusammen. Und im Winter sind die Tage in Skandinavien besonders kurz, es wird früh dunkel.

Lagom vs. Hygge: Was ist der Unterschied?

Wie unterscheidet sich das schwedische Lagom Design vom nach wie vor anhaltenden Hygge Wohntrend aus Dänemark? Während der dänische Ausdruck Hygge für Gemütlichkeit und Geselligkeit steht, beschreibt das schwedische Lebensgefühl die goldene Mitte.

Beim einer Hygge Einrichtung gehe es darum, gemütliche Momente zu schaffen, erklärt Designexpertin Anna Carnick. Diese „hyggelige“ Wohlfühlatmosphäre entsteht u.a. durch:

  • weiche, einladende Texturen
  • warme Farben
  • bequeme Möbel

Lagom hingegen ist mehr eine Lebensphilosophie, die verschiedene Bereiche des schwedischen Alltags umfasst und von Interior Design über eine gesunde Ernährung und angemessene Bekleidung bis hin zur Work-Life-Balance reicht. „Es geht darum, seine Bedürfnisse mithilfe ausgeglichener Lösungen sowohl auf funktionaler und emotionaler Ebene zu erfüllen“, meint Anna Carnick.

Kurzum: Lagom ist genauso kuschelig, aber ein wenig reduzierter als Hygge. „Also weder zu viel noch zu wenig, sondern genau im richtigen Maß“, bringt es Lola Akinmade Åkerström in ihrem Buch „In der Mitte liegt das Glück“ (Knesebeck) auf den Punkt.

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Lagom Einrichtung: Reduziert, nicht minimalistisch

Auf die Inneneinrichtung übertragen bedeutet Lagom:

  • klare Linien
  • eine reduzierte Gestaltung, aber eben auch eine gemütliche Wohlfühl-Atmosphäre
  • Räume sollten nicht zu voll sein

Das heißt nicht, dass bei einer Lagom Einrichtung alles aufs Wesentliche reduziert sein muss. Denn minimalistisch eingerichtete Räume wirken schnell kalt. Anstatt viel Krimskrams zu drapieren, konzentriert man sich bei einer Lagom Einrichtung lieber auf einige Lieblingsstücke – zum Beispiel ausgewählte Dekorelemente, an die besondere Urlaubserinnerungen geknüpft sind.

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Oder statt fünf verschiedener Vasen in unterschiedlichen Trendfarben beschränkt man sich auf drei, die verschiedene Funktionen abdecken. „Also etwa Vasen für einen großen Blumenstrauß, aber auch kleinere Vasen für zarte Wiesenblumen“, erklärt Konrad Pichlmeier, Country Interior Design Leader bei IKEA Deutschland. Eine bewusste Auswahl sei der Schlüssel zu einer Lagom Einrichtung, so der Experte.
 
Bei Lagom geht es darum, sich mit weniger zufrieden zu geben und in den eigenen vier Wänden für Ausgewogenheit zu sorgen. Sogar Ikea griff den Wohntrend auf. Mit dem Projekt „Live Lagom“ möchte der schwedische Möbelgigant seine Kunden zu einem gesünderen Lebensstil animieren.

Lagom Einrichtung: Profi-Tipp 1

„Schau dir einmal deine Möbel an und andere Dinge, die Platz einnehmen, und frage dich, warum du sie besitzt und ob du sie brauchst. Schaffe Ordnung mit zwei Listen: praktisch oder emotional. Dinge, die auf keiner der Listen Platz finden, brauchst du vielleicht nicht.“

Lagom-Expertin Lola Akinmade Åkerström

Wohntrend mit nachhaltigen Materialien

Weniger ist mehr, so das Motto von Lagom wohnen. Damit kommt der Wohnstil dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit und Minimalismus entgegen. Nach dem Prinzip „Qualität vor Quantität“ stehen natürliche, hochwertige Materialien wie Holz oder atmungsaktive Stoffe wie Leinen und Baumwolle im Fokus.

Immer mehr Einrichter und Influencer achten auf die Herkunft von Möbeln und Wohnaccessoires und entscheiden sich lieber für weniger, dafür aber nachhaltig produzierte Design-Elemente.

Klug ausgewählte, natürliche Materialien sehen nicht nur schön aus und lassen sich gut miteinander kombinieren – sie verbessern auch das Wohnklima.

Langlebigkeit und praktische Verwendbarkeit sind entscheidende Kriterien von Lagom. „Man umgibt sich mit hochwertigen Einrichtungsgegenständen, die einen lange begleiten“, unterstreicht Chefdesigner Felix Diener bei der Marburger Tapetenfabrik. „Dabei werden alle Elemente aufeinander abgestimmt und bleiben in einer Farbfamilie.“

Lagom Einrichtung: Profi-Tipp 2

„Wählen Sie eine neurale Grundausstattung an Möbeln und Farben, die Sie wirklich mögen. Dann können Sie, je nach Stimmung oder Jahreszeit, Details ändern und Möbel umstellen.“

Innenarchitektin Julia Branting

Lagom Wandgestaltung

Für die Wandgestaltung nach dem Lagom Wohntrend eignet sich eine Grundlage aus neutralen Farbtönen. Also keine kunterbunten Wände. Was nicht heißt, dass es Weiß oder Beige sein muss. Hauptsache, die Farbe harmoniert mit dem Rest der Einrichtung und unterstützt damit ein ausgeglichenes, zeitloses Gesamtbild.

„Vor einem eher zurückhaltenden Hintergrund kommen Erinnerungsstücke und Deko ebenso wie Kunst viel besser zur Geltung“, unterstreicht Lola Akinmade Åkerström. Wichtig: Achten Sie auf wohngesunde, natürliche Farben, die auch für Mitbewohner mit Allergien geeignet sind.

„Das Ziel bei der Lagom Einrichtung ist ein harmonisches Umfeld“, so Lola Akinmade Åkerström abschließend, „in dem sich praktische und emotionale Elemente die Waage halten, und das nicht mit Gegenständen überfüllt ist.“

Ein Profi erklärt Lagom Einrichtung

Der schwedische Möbelgigant Ikea hat den Lagom-Trend ebenfalls augegriffen. Interior Designer Konrad Pichlmeier, Country Interior Design Leader für IKEA Deutschland, über den Wohndesign-Trend aus dem hohen Norden.

Was zeichnet den Wohnstil „Lagom“ aus?
Der Wohnstil Lagom beschreibt die richtige Gewichtung im Leben. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Die skandinavische Lebenskultur zeigt seit Jahren, wie ein glücklicheres, erfüllteres Leben sein kann. Integriert man die Definition von Lagom in ein Wohnkonzept, könnte man schnell an einen reduzierten Minimalismus denken. Lagom ist aber noch viel mehr.

Worauf sollte man besonders achten?
Was macht ein zu Hause gemütlich, einladend und persönlich? Diese Fragen sollte man sich stellen. Wie ist es z. B. mit Dekoration? Oft verliert man sich und packt alles voll, wie z.B. bei einem Sideboard, das man mit unzähligen Vasen füllt und diese dann in Gruppenaufbauten zu einen schönen Gesamtbild arrangiert.

Wie sähe so ein Sideboard nach den Kritierien von Lagom aus?
Wenn wir aber an Lagom denken, würde dies bedeuten, man hat drei Vasen, die in Form und Sprache miteinander harmonieren, aber auch verschiedene Funktionen abdecken – wie etwa Vasen für einen großen Blumenstrauß, aber auch kleinere Vasen für zarte Wiesenblumen. Die bewusste Auswahl ist der Schlüssel zum Lagom Wohntrend.

Und was unterscheidet den Lagom Wohntrend aus Schweden vom dänischen „Hygge“?
Wenn wir von Hygge sprechen, kommen wir schnell zu der Aussage, es sich “hyggelig zu machen“. Ein gemütlicher Alltag, der glücklicher macht. Im Wohnkontext würde dies bedeuten, dass man es sich Zuhause vertraut macht. Dies kann z.B. ein Rückzugsort sein mit vielen Kissen und einer kuschligen Decke, Kerzenlicht und einer Tasse Tee – wie ein kleiner Kurzurlaub. Lagom hingegen beschreibt die Grundeinstellung, alles in Maßen zu tun und auch für sich das richtige Maß zu finden, wie z.B. bei der Work-Life-Sleep-Balance.

Was sind die größten Lagom Wohntrends?
Für mich bedeutet Lagom wohnen, was ich funktional zum Leben brauche. Dabei sollten wir auch unseren Schlaf berücksichtigen. Die Auswahl des Bettes, des Kopfkissens, der Textilien und die Position des Bettes sind entscheidende Faktoren für einen guten Schlaf. Darüber hinaus sollte man sich auch damit beschäftigen, was einem persönlich gefällt. Einzuschlafen und aufzuwachen in einem Raum, der aufgeräumt und persönlich ist, fördert unseren gesunden Schlaf.

Und wie schafft man sich mit wenigen Handgriffen eine charakteristische Lagom-Atmosphäre in den eigenen vier Wänden?
Als Basis sehe ich die Verbindung zur Natur. Warme Töne und Materialien in Zusammenspiel mit einem reinen Weiß. Bei der Auswahl der Textilien sollte man sich auf reine Baumwolle oder Leinen konzentrieren, denn diese sind atmungsaktiv und haben zudem eine schöne Haptik. So viel Tageslicht wie möglich, aber auch die Lichtsituation im Raum sollte durch smarte Beleuchtung einfach angepasst werden können. Bei der Dekoration ist weniger mehr, wie z.B. ein Bild mit seinen Lieben auf einer leeren Wand. Das wirkt viel kraftvoller als eine überladene schwere Bildercollage.

Typische Merkmale einer Lagom Einrichtung

Lagom wohnen zielt darauf ab, ein ausgewogenes, harmonisch gestaltetes Zuhause zu schaffen. Die Bedürfnisse der Bewohner sollen erfüllt werden, ohne dass die Einrichtung dabei übermäßig extravagant oder überladen wirkt.

Wir fassen die typischen Merkmale für eine Lagom Einrichtung zusammen:

  • Simpel und funktional: Überflüssige Details oder überladene Dekorationen werden vermieden. Die Möbel und Einrichtungsgegenstände haben klare Formen und erfüllen praktische Bedürfnisse. Möbelstücke haben idealerweise mehrere Funktionen, um den verfügbaren Raum optimal zu nutzen.
  • Ordnung und Organisation: Ein aufgeräumtes und gut organisiertes Zuhause ist ein wichtiger Bestandteil des Lagom Konzepts. Es geht darum, die Dinge in Balance zu halten und den Raum ordentlich zu gestalten.
  • Neutrale Farben: Die Farbpalette von Lagom Einrichtungen ist in der Regel neutral gehalten, mit Tönen wie Weiß, Grau, Beige und Brauntönen. Diese gedeckten Farben lassen sich jedoch mit kräftigen Farbakzenten kombinieren.
  • Wenige, gut ausgewählte Dekorationen: Statt viele Dekorationsgegenstände zu verwenden, setzt Lagom auf wenige, dafür klug ausgewählte Elemente, die dem Raum Persönlichkeit verleihen.
  • Natürliche Materialien: Natürliche Materialien wie Holz, Leinen, Baumwolle und Wolle schaffen eine warme und einladende Atmosphäre.
  • Nachhaltigkeit: Wiederverwendbare und langlebige Möbelstücke werden bevorzugt. Denn nach dem Lagom-Prinzip soll vermieden werden, unnötige Dinge zu besitzen.
  • Gemütlichkeit: Durch weiche Textilien, kuschelige Decken und Kissen wird eine einladende, gemütliche Atmosphäre geschaffen.

Lagom Buch Tipps

  • Linnea Dunne: „Lagom – Glücklich leben in Balance“ (Callwey Verlag)
  • Lola Akinmade Åkerström: „In der Mitte liegt das Glück“ (Knesebeck Verlag)

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