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Wärmeschutz dank Luftdichtheit

Eine undichte Haushülle führt zu Wärmeverlusten und kann die Dämmung beschädigen sowie Schimmel verursachen. So dichten Sie Ihr Haus richtig ab.

Der Unsinn von den atmenden Wänden

Gar nicht so wenige Bauherren sind der Meinung, ihre zukünftigen vier Wände müssten unbedingt „atmen“ können. Luftdicht zu bauen, wie es die Energieeinspar-Verordnung (EnEV) verlange, könne nicht gesund sein, weder fürs Haus noch für die Bewohner. Doch, dass Luftaustausch durch eine intakte Außenwand möglich und notwendig ist, ist ein Mythos, der auf fehlerhafte Versuche des bekannten Mediziners und Chemikers Max von Pettenkofer (1818 – 1901) zurückgeht. Seit 1928 weiß man: Durch eine verputzte Ziegelmauer erfolgt weniger als ein Prozent des erforderlichen Luftwechsels. Der Mythos aber hält sich bis heute.

Moderner Wärmeschutz sieht anders aus.

Wärmeschutz braucht ein dichtes Haus und Lüftung

In Paragraph 6, Abschnitt 1 der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) steht es: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass die wärmeüber­tragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist.”

Doch kein Grund zur Beunruhigung, Abschnitt 2 stellt gleich klar, dass „der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel” sichergestellt sein muss. Gemeint ist der Austausch durch Fensterlüftung oder entsprechende Anlagentechnik. Freiwilliges Lüften ist in Ordnung, nur das unfreiwillige soll so weit wie möglich abgestellt werden. Genau das geschieht durch eine undichte Haushülle. Eine intakte Wand jedoch atmet nicht, und das ist gut so.
 

Unfreiwilliger Luftaustausch und seine Folgen

Der unfreiwillige Luftaustausch findet ja ausgerechnet dann statt, wenn man ihn am wenigsten gebrauchen kann, nämlich im Winter und an stürmischen Tagen. Das kostet teure Heizenergie. Diese „Lüftungsverluste” machen bei moderner Bauweise die Hälfte der Wärmeverluste aus (die andere geht aufs Konto der Abstrahlung – die „Transmissionswärmeverluste” kriegt man mit umfassender Dämmung recht gut in den Griff). Zieht es durch Ritzen, Fugen (Schwindfugen) und andere Lecks der Außenhülle, mindert das auch die Behaglichkeit; eindringende Kaltluft sinkt, da schwerer als die erwärmte, auf den Boden und bildet dort Kaltluftseen. Damit verschwindet der Wärmeschutz.

Darüber hinaus drohen Schäden: Für gewöhnlich wird unterschätzt, mit wie viel Wasser die Bewohner die Raumluft anreichern, allein durch so unschuldige Tätigkeiten wie Duschen, Baden, Kochen, Schwitzen. In einem Vier-Personen-Haushalt können das mehr als zehn Liter am Tag sein. Gelangt die warme, feuchtegesättigte Raumluft in die Wand, kondensiert das Wasser. Schnell nimmt das Isoliervermögen der Wärmedämmung ab, der Heizenergieverbrauch steigt.

Wärmeschutz heißt Dichtmachen

Beträgt überdies der Feuchtegrad der Dämmung, aber auch der hölzernen und mineralischen Bauteile dauerhaft über 20 Prozent, werden sie zu idealen Nährböden für Schimmelpilze. Für den Schimmelbefall wird dann in der Regel die Dämmung verantwortlich gemacht, von „Dämmwahn” ist die Rede. Durch die Undichtigkeiten dringen Pilzsporen, sowie im Dämmstoff eventuell enthaltene Schadstoffe in die Räume.

Und dazu der Lärm der Umgebung, außerdem im Sommer heiße und feuchte Luft. Kurz, die „atmende Wand“ ist ein Baumangel. Mitsamt Wohngesundheit, Schall- und Hitzeschutz gibt es also mehr als genug Gründe, dicht zu machen. Zur Frischluftversorgung gibt es Fenster beziehungsweise Lüftungsanlagen. Wärmeschutz heißt Dichtmachen.

Wärmebrücken vermeiden

Pettenkofers Irrtum ist insofern verständlich, als eine Ziegelmauer durchaus luftdurchlässig sein kann. Ist sie aber flächendeckend verputzt, hat es sich mit der Durchlässigkeit. Wird gemauert, egal ob mit Hochlochziegeln, Kalksandsteinen, Porenbeton- oder Betonsteinen, muss daher lückenlos Putz aufgetragen werden. Fugenlose Betonbauteile gelten als luftdicht und bieten automatisch Wärmeschutz.

Im Holzrahmen- und Holztafelbau muss dagegen mit Dampfbrems- oder Dampfsperr-Folien, Baupapier oder mit Bauplatten abgedichtet werden, mit OSB-, Gipskarton-, Gipsfaser- oder Lehmbauplatten. An den Überlappungen beziehungsweise den Fugen ist mit Tackern, Klebern, Fugenmasse, Dichtbändern oder Mörtel für den einwandfreien Abschluss zu sorgen.

So kompliziert wie es klingt, ist es leider oft auch. Besonders heikel sind die Übergänge zwischen den Bauteilen, zwischen Laibung und Fensterrahmen, zwischen Türlaibungen und Türzargen, von Giebelwand und Kniestock zum Dach, dann die Durchbrüche und Durchdringungen für Abgasrohre, Sani­tärleitungen, Strom- und Telekommunikationsanschlüsse. Auf dem Dach sind die Durchdringungen von Balken, Sparren und Pfetten durch Dachhaut und Wände anspruchsvoll.

Luftdichte Wände
Wurde sie einwandfrei verfugt, ist auch eine Beschichtung aus Gipsbauplatten luftdicht. Foto: Knauf
Dampfbremsfolie als Luftdichtheitsschicht
Dampfbremsfolie als Luftdichtheitsschicht: Durchdringungen für zum Beispiel Kabel werden sauber mit den passenden Manschetten abgedichtet. Foto: Elektro +/Kaiser
Leckageortung
Leckageortung: Innen wird durch das Gebläse Überdruck aufgebaut, der mit einer Nebelmaschine erzeugte Nebel dringt durch die Lecks nach außen. Foto: VPB

Spezialprodukte als Baumaßnahmen für die Luftdichtheit

Die Baumaßnahmen sind dennoch zu schaffen: dank zahlreicher Spezialprodukte, wie etwa Manschetten, die die Durchdringungen von Sanitärrohren und Kabel passgenau umschließen, Dichtbändern für Fenster- und Türmon­tagen oder vorgeknickte Klebebänder für die Ecken.

Für Fenster nimmt man beispielsweise Kompribänder, vorkomprimierte Schaumstoffbänder, die sich bei der Montage ausdehnen und die umlaufende Fuge zwischen Rahmen und Laibung schließen. 

Übergänge vom Dach zu den Drempel- und den Giebelwänden werden mit Klebebändern, etwa aus Butylkautschuk oder Weich-Polyethylen, oder ebenfalls Kompribändern geschlossen.

Für Durchdringungen für Kabel, für Wasser-, Abwasser- oder Abgasrohre gibt es jeweils passgenaue und dichte Manschetten, fehlerträchtige Bastelarbeiten mit Folienstücken sind mittlerweile überflüssig.

Luftdichte Haushüllen mit Mängeln

Leider scheint das Abdichten den Ausführenden noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Fachleute beobachteten, dass korrekt angebrachte Luftdichtheitsschichten beim Legen von Kabelverbindungen oder Sanitärleitungen wieder zerstört wurden. Außerdem werden Steckdosen in, statt vor die Luftdichtheitsschicht gesetzt.

Weitere Fehler treten bei den Dampfbreis-Folien auf, die mit ungeeigneten Klebebändern verbunden werden; die Klebestellen sind nicht staubfrei oder werden zu früh belastet. Des weiteren befinden sich im Massivbau unverputzte Mauerabschnitte hinter Leitungen, weil der zweite Schritt vor dem ersten getan wurde. Roll­ladenkästen werden häufig fehlerhaft eingebaut oder sind bereits ab dem Werk gravierende Luftlecks. Manchmal wird das Abdichten auch schlicht vergessen.

Energieberater werden aus all diesen Gründen nicht müde zu betonen, dass diese Arbeit, die keinem der klassischen Gewerke zuzuordnen ist, geplant werden muss. Architekt oder Bauunternehmer müssten sie in den Bauablauf integrieren und sie über­wachen. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass laut IPB-Untersuchung, um eine höhere Effizienzklasse zu erreichen, in einigen Berechnungen ein Blower-Door-Test angegeben war, welcher nie stattge­funden hatte. Er hätte die Schlamperei gnadenlos ans Licht gebracht.

Passivhaus als Vorbild

Keiner hat das Abdichten so früh so ernst genommen wie die Passivhaus-Planer. Ihr Konzept eines Wohnens ohne Heizung und damit der Fokus auf den natürlichen Wärmeschutz, setzt weitgehende Vermeidung von Transmissions- und Lüftungsverlusten voraus, für den Komfort sorgt eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Damit das funktioniert, darf die Außenluft nur eine Möglichkeit haben, ins Gebäude zu gelangen, und zwar über die Ansaugstutzen der Anlage. Folglich nehmen Passivhaus-Planer es mit der Dichtheit besonders genau und haben als Erste den Blower-Door-Test eingesetzt. Dieser Test sollte im Neubau generell durchgeführt werden (selbst wenn er nur bei Einbau einer Wohnungslüftung zwingend vorgeschrieben ist), und zwar durch ein unabhängiges Unternehmen, nicht durch den Bauunternehmer oder die Ausführenden. Doch schon während der Bauphase kann ein ebenfalls unabhängiger Gutachter die Bauüberwachung übernehmen.

Für die Änderungen am Haus, die man später selber vornimmt, kann man Architekten, Hersteller oder Ausführende nicht verantwortlich machen. Etwa falls man nachträglich einen der so beliebten Kaminöfen einbaut. Natürlich muss es ein zum Wohnraum hin absolut dichter und raumluftunabhängiger sein, aus dem kein Kohlenmonoxid entweichen kann. Für die korrekte nachträgliche Durchführung des Abgasrohres durch die Hauswand gibt es die passenden Spezialprodukte.

Blower-Door-Test

Bei geschlossenen Fenstern und Türen wird mittels einer Tür mit Gebläseeinsatz (engl. „Blower Door“) ein Über- bzw. ein Unterdruck von 50 Pascal im Haus erzeugt. Aus der Luftmenge, die das Gebläse zu diesem Zweck hinein- bzw. hinauspumpen muss, kann auf die Dichtheit der Außenhülle geschlossen werden: Es ergeben sich dabei die sogenannten n50-Werte.

Soll eine Lüftungsanlage eingebaut werden, sind strengere n50-Werte einzuhalten (n50 = 1,5 h-1 anstatt 3 h-1; siehe hierzu: www.luftdicht.info), die strengsten gelten für Passivhäuser (0,6 h-1). Eventuelle Lecks werden mit hochempndlichen Windmessgeräten (Windfühlern) sowie mit Trockeneisnebel aufgespürt, der bei Überdruck außen undichte Stellen verrät. Ein zweiter Test ist ratsam, nach Abschluss auch der Elektro- und sonstigen -Installationsarbeiten, die gelegentlich die Luftdichtheitsschicht in Mitleidenschaft ziehen (Kosten: 400 – 800 €).

Der Blower-Door-Test als Überprüfung der Luftdichtheit
Kompaktes Blower-Door-Messsystem, eigens entwickelt für Einzelwohnungen und kleine Gebäude. Foto: BlowerDoor GmbH
Ein Fenster inklusive integriertem Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung
Frischluftversorgung: Neue Fenster schließen wesentlich dichter als alte. Dieses verfügt allerdings noch über ein in den Rahmen integriertes Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung. Foto: Weru

Nützliche Informationen

Baubegleiter/ Energieberater

Ein unabhängiger Bausachverständiger sollte das Bauprojekt von Beginn an begleiten. Er sollte darauf achten, dass ausschließlich Markenware eingesetzt wird (Produkte jew. in die Baubeschreibung aufnehmen lassen) und auch korrekt verarbeitet wird. Ist er zugleich Energieberater, kann er u. a. auch den Blower-Door-Test durchführen (Adressen anerkannter Energieberater: www.energie-effizienz-experten.de).

Verordnungen

Der Frischluftbedarf liegt pro Person bei 25 – 35 m3 pro Stunde. Im vom Hausplaner zu erstellenden „Lüftungskonzept“ nach DIN 1946-6 wird festgelegt, wie groß der Bedarf im ganzen Gebäude ist, sowie ob und ab wann der Bewohner über die Fenster lüften muss. Außerdem wird bestimmt, wann es einer Lüftungsanlage bedarf.

Weitere Adressen: 

  • Energieinstitut Hessen 
(Dipl.-Ing. Werner Eicke-Hennig und Dipl.-Politologe Klaus Fey) – www.energieinstitut-hessen.de, Menüpunkt „Argumente für die Energieeinsparung“, dann „Atmende Wand – Schimmel“ 

  • Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V. – www.luftdicht.info, Menüpunkt „Fragen zur Gebäude-Luftdichtheit“

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