Radonschutz bei Neubauten
Radon ist ein geruchsloses, unsichtbares, radioaktives Gas, das Lungenkrebs auslösen kann. In mehr oder weniger starker Konzentration ist es fast überall im Boden vorhanden und findet von dort seinen Weg in Keller und Haus, wo es sich in den Räumen anreichern kann. Aktuell nimmt auch der Gesetzgeber den Radonschutz ernster.
Radonschutz im Radon-Vorsorgegebiet
Durch das Strahlenschutzgesetz waren die Bundesländer in Deutschland verpflichtet, bis Ende des Jahres 2020 Radon-Vorsorgegebiete zu bestimmen. Damit werden Regionen bestimmt, die eine überdurchschnittlich hohe Konzentration an Radon aufweisen. Für diese Vorsorgegebiete gelten seit Anfang 2021 besondere Bestimmungen. Das Bundesamt für Strahlenschutz gibt vor, dass wenn der Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Innenraumluft überdurchschnittlich oft überstiegen wird, diese Regionen als Radon-Vorsorgegebiete zu bezeichnen sind. Dort muss für Neubauten ein Radonschutz erfolgen. Zu den baulichen Maßnahmen sind in der Strahlenschutzverordnung festgelegt. Dazu gehören eine geschlossene „Gebäudeumhüllung“ gegen das Erdreich. Wichtig ist das Abdichten von Fugen und Durchdringungen sowie das Abdichten von Öffnungen.
Wegen Radon kein Homeoffice im Keller?
Homeoffice im Keller? Lieber nicht – das Bundesamt für Strahlenschutz warnt vor Homeoffice im Keller. So oder so ähnlich kam im Februar 2021 die Botschaft bei vielen Bauherren und Hausbesitzern an. Aber stimmt das wirklich?
Der Kellerexperte, Michael Gruben, Geschäftsführer von Glatthaar Keller, stellt die Fakten richtig: „Mit der pauschalisierten Meinung, dass Homeoffice im Keller auf Grund hoher Radonbelastung gesundheitsschädlich sei, werden Verbraucher, die dies nutzen und in einen Keller bei ihren Neubauten investiert haben, unnötig und zu Unrecht verunsichert. Es fehlt in der medialen Aussage eine klare Unterscheidung zwischen Neubauten und Bestandsimmobilien mit einem Alter von 30, 40 oder noch mehr Jahren. Darüber hinaus muss man zudem konstruktiv eine unbedingte Unterscheidung zwischen einem Mauerwerkskeller und einem Fertigkeller vornehmen.“
Generell wäre es also irreführend, Kellergeschosse generell als Geschosse mit hoher Strahlenbelastung einzuordnen. Gerade neu gebaute Keller, die als Fertigteilkeller mit im Werk vorgefertigten Elementen erstellt werden, eignen sich auf Grund großformatiger Bauteile und dadurch einem Minimum an Fugen besonders für die Herstellung einer undurchlässigen wannenartigen Konstruktion. Was auch einen Radonschutz bedeutet.
Ein Homeoffice-Arbeitsplatz im Keller kann dauerhaft genutzt werden, sagt Keller-Fachmann Gruben, unter folgenden Bedingungen: Der Keller entspricht heutigen Neubaustandards und bietet hinsichtlich der Konstruktionen und der verwendeten Materialien gerade in der Kombination mit durch die energetischen Anforderungen eingesetzten Lüftungsanlagen eine hochwertige Raumnutzung des Kellergeschosses. Der seit ca. 20 Jahren ausgeführte Baustandard gegen die im Erdreich vorhandene Bodenfeuchtigkeit und das im Erdreich vorhandene Wasser bildet für einen Großteil der Häuser einen guten Schutz auch gegen Radon. Kellerabdichtungen bei Fertigkellern in Neubauten werden mit entsprechend langjährig bewährten Produkten ausgeführt. Auch die Rohrdurchführungen durch Außenwände und die Bodenplatte sind mit Systembauteilen ausgeführt. Darüber hinaus werden Keller im Neubau heute als wannenartige, wasserundurchlässige und konvektiv dichte Konstruktion erstellt, die somit eine hohe Undurchlässigkeit gegen Feuchtigkeit, Wasser und auch Radon aus dem Erdreich mitbringen.
Gruben verweist außerdem darauf, dass lediglich für Radonvorsorgegebiete, die durch die Bundesländer festgelegt werden, weitergehende Maßnahmen erforderlich sind, die im Neubaubereich immer individuell geplant und ausgeführt werden müssen. Aber auch bei Bestandsimmobilien ist eine Radonsanierung möglich.
Elektrosmog, Emissionen und Radon
Immer mehr Bauherren legen Wert auf den Einsatz wohngesunder Baustoffe und informieren sich bereits vor dem Hausbau über gesundheitsgefährdende Einflüsse. Dazu gehört neben allergieauslösenden Stoffen und Elektrosmog auch eine Radonbelastung dazu.
Raucher gelten mittlerweile als kleine, radikale Minderheit. Sie werden belächelt, bedauert oder sogar angefeindet. Doch Lungenkrebs kann genauso von dem ganz und gar geruchslosen Radon ausgelöst werden – zweithäufigste Ursache für diese Krebsart soll das Gas aus der Erde laut Umweltmedizinern sogar sein.
Radon - Gefahr aus der Tiefe
Radon 222, so der volle Name, kommt überall im Erdboden vor, je nach geologischen Gegebenheiten mal schwach, mal hoch konzentriert. Uran 238 kommt naturgemäß im Boden vor, über Zwischenprodukte entsteht daraus das Edelgas Radon. Zuerst darunter gelitten haben Bergleute, lange ohne es zu wissen.
Zerfällt Radon 222 wird dabei radioaktive Strahlung freigesetzt. Gefährlich für die Gesundheit ist diese Radioaktivität, deswegen misst man die jeweilige Belastung in Becquerel pro Kubikmeter oder Bq/m3. Gemäß dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sind wir in Gebäuden ständig einer geringen Konzentration von um die 50 Bq/m3 ausgesetzt.
Mancherorts können es allerdings auch 1000 Bq/m3 sein. Die EU hält Werte für unter 200 für unbedenklich, das BfS empfiehlt 100, manche Baubiologen würden den Grenzwert gerne auf 30 Bq/m3 oder tiefer herabsetzen, angesichts der Tatsache, dass wir den größeren Teil unseres Lebens in geschlossenen Räumen verbringen.
Radonvorkommen in Deutschland
Folgende Gebiete in Deutschland sind von einer erhöhten Radonbelastung betroffen:
- Erzgebirge
- Eifel / Hunsrück
- Fichtelgebirge
- Allgäu
- Bayerischer Wald
- Südlicher Schwarzwald
- Siegerland
- Raum Eisleben / Sachsen-Anhalt
- Raum Mannheim
- Raum Dresden
Generell tritt Radon dort auf, wo auch Uran und Thoriumvorkommen bekannt sind, wie beispielsweise im Erzgebirge. In Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie den Hansestädten ist die Radonkonzentration im Erdboden sehr niedrig – in der norddeutschen Tiefebene lagern fast keine radioaktiven Elemente im Boden.
Risiken im Neubau
Prinzipiell sind Altbauten stärker belastet, wegen der zahlreichen undichten Stellen, durch die das Gas erst ins Untergeschoss und von dort über Treppenhaus, Schächte und Rohrleitungen ins gesamte Gebäude gelangen kann. Risse im Beton der Fundamentplatte, Fugen zwischen ihr und den Kellerwänden, Rohrdurchführungen, Mauerfugen sind die Einfallstore.
Historische Häuser, die über nicht mehr als einen gestampften Lehmboden im Keller verfügen oder nur einen mit Ziegeln oder Steinen ausgelegten, weisen erwartungsgemäß hohe Konzentrationen auf, jedenfalls im Vergleich zu den jüngeren Nachbarn.
Jedoch gibt es eine Art ausgleichenden Faktor: Weil Neubauten nach der EnEV, der Energie-Einspar-Verordnung, aufwendig gegen Lüftungswärmeverluste abgedichtet werden, lässt der Luftaustausch zu wünschen übrig. Kohlendioxid, Formaldehyd und alle anderen Schadstoffe, inklusive Radon, reichern sich an.
In der Planungsphase des Hauses hat man noch die Chance, die Weichen für einen Radonschutz richtig zu stellen. Zu den Maßnahmen, die Weitblick verraten, gehört unter anderem, ein Bodengutachten einzuholen, etwa um späteren Setzungsschäden vorzubeugen. Untersucht werden sollte in diesem Zusammenhang genauso die natürliche Radonbelastung am Ort.
Nicht-bindiger, das heißt gas- und wasserdurchlässiger Baugrund (mit höherem Sand- beziehungsweise Kiesanteil) erlaubt es, ähnlich wie im „Lastfall Wasser“ Drainagerohre zu verlegen, jedoch unter der Bodenplatte. In den Rohren wird Unterdruck erzeugt, sodass sich das Gas dort sammelt. Beim Hausbau in Vorsorgegebieten muss auf Radonschutz geachtet werden. Wird ein professioneller Feuchteschutz ausgeführt, hilft dies in der Regel auch gegen Radon.
Eine andere Variante der Drainage ist der „Radonbrunnen“: Ein Schacht neben dem Gebäude, wird zur Radonfalle. Ist die Belastung hoch, müssen einer oder mehrere solcher „Brunnen“ unterhalb der Bodenplatte angelegt werden, von denen aus abgeleitet werden kann.
Zusätzlich wird der Keller als solcher mit radondichten Folien oder Beschichtungen versehen, was von innen oder außen geschehen kann. Unternehmen, die Fertigkeller anbieten, haben oft auch hierzu eine Lösung im Angebot, etwa eine Rundumdichtung, die die Fundamentplatte mit einbezieht.
Über der Erde
Hat man bei Planung und Bau alles beachtet, sollte man dennoch regelmäßig die Werte im Keller mittels Messgerät überprüfen oder überprüfen lassen. Dabei ist erst eine Messung über mindestens ein Jahr aussagekräftig.
Selbstverständlich gilt es ebenfalls, die Belastung in den Aufenthaltsräumen durch regelmäßiges Stoßlüften so gering wie möglich zu halten, wie ohnehin empfohlen. Nicht nur in den ersten Monaten nach Einzug, wenn Baufeuchte und aus den Materialien ausgasende Wohngifte entsorgt werden müssen. Oder man überlässt es der Haustechnik.
Viele Haushersteller, Generalunternehmer oder Architekten lassen es sich mittlerweile vom Auftraggeber schriftlich bestätigen, dass sie ihm die kontrollierte Be- und Entlüftung ans Herz gelegt haben – falls er sie nicht wollte. Immer mehr wollen.
Nur auf eines sollten sie achten, so die Geologen von Kemski & Partner (www.radon-info.de): Wird die frische Außenluft unterirdisch herangeführt, um im Winter angewärmt und im Sommer gekühlt zu werden, so muss der Erdwärmetauscher absolut dicht sein. Sonst baut man dem radioaktiven Gas einen Königsweg in seine vier Wände.
Strahleninfo
Radioaktive Strahlung ist so gefährlich, weil sie direkt in den Prozess des Zellwachstums eingreift, und da wir ein ganzes Leben lang wachsen, sind wir alle betroffen, nicht nur Kinder. Es geben neben dem Erdboden aber auch einige Baumaterialien Radon ab. Unter anderem kommen auch Fliesen mit schwermetallhaltigen Glasuren (von außereuropäischen Herstellern) oder Natursteine wie etwa Granit in Frage.