Feuchte Wände sanieren: Der Praxistest nach 20 Jahren
Einem alten Gebäude drohte der Abriss. Doch mit viel Enthusiasmus und fachlicher Kompetenz wurde aus dem Haus mit feuchten Wänden ein echtes Schmuckstück.
Die Architektin Lisa Wendling kaufte mit ihrem damaligen Kollegen vor 22 Jahren ein Objekt in Bergisch Gladbach in „katastrophalem Zustand” – aber mit einer klaren architektonischen Vision.
Grundlegend für die Modernisierung war die Entfernung von Feuchteschäden. Heute gehört das Objekt zu den ältesten und schönsten der Stadt – doch schützt die Abdichtung auch nach zwei Jahrzehnten noch vor den feuchten Wänden?
„Die Immobilie hatte viel gegen sich“, blickt Architektin Lisa Wendling zurück. Mit dem schmucken Anblick von heute hatte das Gebäude damals wenig zu tun. Insbesondere aufsteigende Feuchte setzte dem Ziegelmauerwerk zu. So stark, dass die Schäden und die eindringende Feuchte an der Wand direkt zu erkennen waren.
Zum Teil über 370 Jahre alt
„Doch wir haben die Möglichkeit gesehen, aus dem gesamten Objekt etwas zu machen”, ergänzt die Architektin und Inhaberin des „bauoffice”, einem Zusammenschluss von Architekten, Innenausstattern und Handwerksbetrieben.
Der Reiz lag darin, aus einer in Teilen über 370 Jahre alten Immobilie, die auf den ersten Blick ihre beste Zeit hinter sich hatte, ein echtes Schmuckstück zu machen.
„Die Vision stand von vornherein fest”, betont Wendling. Im Erdgeschoss ein Ladenlokal, direkt angrenzend eine schöne Gastronomie: „Ich wollte mit meinen Architektur-Kollegen gut und ganz in der Nähe essen gehen”, so Lisa Wendling. Im Obergeschoss des Gebäudes sollten geschmackvoll gestaltete Räume für ein Architekturbüro entstehen.
Konzept statt einer D-Mark
Schöne, gute, kreative Ideen – aber das Objekt war Anfang der 90er-Jahre in einem sehr schlechten Zustand. Der einzige, weitere Interessent bot der Stadt Bergisch Gladbach als Eigentümerin eine D-Mark als symbolischen Kaufpreis.
Lisa Wendling dagegen hatte ein Konzept – und bekam den Zuschlag. Trotzdem war viel zu tun, vor allem mussten die feuchten Wände saniert werden, „es bestand Handlungsbedarf”, erzählt die Architektin, die damals doppelt risikofreudig war. Zum einen, da die Immobilie alles andere als in einem Top-Zustand war. Zum anderen, weil sie bei der entscheidenden Sanierung auf ein relativ unbekanntes Verfahren setzte.
Lösung: Horizontalsperre
Die Horizontalsperre, ein Bohrloch-Injektionsverfahren gegen aufsteigende Feuchtigkeit, kannte damals kaum jemand.
Das Verfahren selbst funktioniert denkbar einfach: Bohrlöcher werden in das Mauerwerk gebohrt und mit Heizstäben wird der feuchte Wandabschnitt komplett ausgetrocknet. Danach wird in die Bohrlöcher flüssiges Paraffin, ein wachsartiger Stoff, eingebracht.
Erst eine vollständige Trocknung des Wandabschnitts, dann die nachträgliche Horizontalsperre, das überzeugte die Architektin, „die Funktionsweise war für mich sofort plausibel und daher vertrauenswürdig“.
Die Sanierung dauerte rund eine Woche – eine wichtige Hürde zur Verschönerung und Modernisierung des Objektes war damit genommen.
Neuer Schliff im Inneren
2011, die damalige Sanierung war wieder in die Jahre gekommen, erhielt der Gebäudetrakt Süd-Ost nochmals einen neuen Schliff. Gemeinsam mit der Architektin Lisa Wendling und dem Team vom bauoffice, wurden sämtliche Oberflächen im Inneren kreativ neu gestaltet.
Lehmwände, besondere Wand- und Bodenoberflächen, ausgefallene Heizkörper, Hightech-Armaturen, Einbaumöbel sowie ein ausgefeiltes Beleuchtungskonzept verleihen seitdem den Räumen ihren besonderen Charme. Das Team vom bauoffice nutzt das Erdgeschoss als Ladenlokal für sein Netzwerk. Das OG/DG dient als Showroom für die einzelnen Gewerke und als Veranstaltungsraum für Kunst, Baukultur und private Events.
Als nächstes soll der Restaurantbereich modernisiert werden: Eine Symbiose von Architektur und Esskultur soll den Bürgern von Bergisch Gladbach eine neue Anlaufstelle für die „feinen Sinne“ geben.
So wurde abgedichtet
Klaus-Dieter Becker vom Isotec-Fachbetrieb aus Bergisch Gladbach erklärt die Abdichtungsmaßnahme:
„Die Isotec-Horizontalsperre basiert darauf, dass sie den Feuchtetransport innerhalb des Mauerwerks stoppt. Durch Bohrlöcher, die im Abstand von rund zehn Zentimetern in das Mauerwerk gebohrt werden, bringen wir heißes Spezial-Paraffin in das Mauerwerk ein.
Paraffin kann man sich vorstellen wie Wachs, in erhitzter und flüssiger Form dringt es bis in die kleinsten Mauerwerksporen ein. Nach dem Auskühlen wird das Paraffin hart und bildet eine Sperrschicht, die von aufsteigender Feuchte nicht mehr überwunden werden kann. Der Schutz ist dauerhaft, solange das Mauerwerk besteht.
Während der Anwendung werden, anders als bei anderen Verfahren, keine chemisch flüchtigen Bestandteile freigesetzt. Paraffin ist gesundheitlich völlig unbedenklich und wird in Heilsalben und bei Lebensmitteln eingesetzt.“
Über 20 Jahre später
Viele Architekten und Planer kennen allerdings das Problem, dass so manche als hochwertig angepriesene Abdichtung nach drei, fünf oder zehn Jahren ihre Wirkung verliert. Deshalb wurde ein Praxistest durchgeführt.
Wie steht es um die nachträgliche Horizontalsperre nach über 20 Jahren, nachdem sie in den Baukörper eingebracht wurde? Fachmann und Inhaber Klaus-Dieter Becker vom Isotec-Fachbetrieb aus Bergisch Gladbach untersuchte damals den Schaden an den Wänden – und führte nun auch die Messung im September 2015 durch.