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Modernes Leben eingehaucht: Umbau einer historischen Stadtvilla

Auf der Suche nach einem neuen Domizil wurde die Familie in der Altstadt von Weiden fündig: Das Stadthaus aus dem 16. Jahrhundert faszinierte alle sofort. Bauherren und Architekt legten die historischen Kostbarkeiten hinter Vorwänden und abgehängten Decken liebevoll frei.

„Wir hatten uns eingerichtet am Stadtrand von Weiden in einer Doppelhaushälfte zur Miete. Das Haus lag neben einem Parkgrundstück mit Kräutergarten und altem Baumbestand.”

Iris Müller ist noch immer betroffen, wenn Sie den Auszug aus dem Paradies beschreibt, denn das schöne Nachbargrundstück wurde verkauft, die Bäume gefällt und ein Wohnblock gebaut. „Das Mehrfamilienhaus entstand direkt vor unseren Fenstern. Damit konnten wir nicht leben”, fasst Iris Müller die Situation zusammen.

Sie, ihr Mann Christian und Sohn Marvin, damals neunzehn Jahre alt, begannen, ein neues Domizil zu suchen. Es sollte wieder zur Miete sein, denn die Familie wollte sich weder örtlich noch finanziell festlegen.

„Es gehörte nicht zu unserem Lebensentwurf, ein Haus zu besitzen. Wer weiß, wo uns das Leben oder die Arbeit noch hin verschlägt. Wir wollten flexibel bleiben.”

Aber keines der derzeit angebotenen Mietobjekte konnte alle Kriterien, die die Familie im Kopf hatte, erfüllen.

Die historische Villa in der Altstadt als letzte Rettung

Die Lage schien aussichtslos – bis Freunde von einem Altstadthaus in der Mitte von Weiden berichteten. Das allerdings war nicht zu mieten. Es stand zum Verkauf. Zumindest anschauen wollte Iris Müller sich das Haus.

Lückenlos aneinander gereiht rahmen zwei- bis dreigeschossige Häuser mit ihren pastellfarbenen Fassaden die Obere Bachgasse. Manche sind mit dem Giebel, andere mit ihrer Seitenansicht zur Straße hin ausgerichtet. Das knapp fünfhundert Jahre alte Haus, um das es ging, hatte schon einige Sanierungen hinter sich und stand leer.

„Es war dunkel und verschachtelt - nichts, um sofort in Begeisterung auszubrechen. Und doch hat mich das alte Gemäuer danach nicht mehr losgelassen.”

In Absprache mit dem Architekten

Bei einer zweiten Besichtigung bat Iris Müller Architekt Karlheinz Beer um professionellen Rat. Die entscheidende Frage war, lässt sich dieses Haus überhaupt heller und großzügiger gestalten? Architekt Beer, erfahren im Umgang mit betagten Gebäuden, fand viel Potential.

Mit diesem Wissen ausgestattet führte Iris Müller schließlich ihren Mann durch das Haus. Nach erstem Schreck ließ er sich von der inzwischen großen Begeisterung seiner Frau schnell anstecken. Das Projekt nahm seinen Lauf.

Die Planung

Das Architekturbüro Beer begann zu planen. Karlheinz Beer und Projektleiterin Gina Lankes hatten viel zu bedenken, denn das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert steht unter dem Ensembleschutz der historischen Altstadt.

Die Bauherren wünschten sich großzügigen und hellen Wohnraum und die Integration von zwei Arbeitsräumen. Der lang gestreckte Bau grenzt seitlich direkt an die Nachbarhäuser und bot keine Möglichkeiten für zusätzliche Belichtung.

Architekt Beer platzierte im Zentrum des Hauses die Räume, die gut mit künstlichem Licht auskommen.

Im Erdgeschoss befinden sich die zum Büro gehörige Teeküche, ein kleines Bad und ein Abstellraum.

Im Obergeschoss ist der Hauswirtschaftsraum sowie ein zweiter Abstellraum.

Im Dachgeschoss belichten vier neue Dachflächenfenster die Mitte. Zudem wurde das Tageslichtkonzept durch integrierte Lichtbänder unterstützt. 

Mauerstreifen als würdige Erinnerung

Architektin Gina Lankes hatte in der Debatte mit Iris Müller einen dezenten, aber wirkungsvollen Plan für eine indirekte Beleuchtung entwickelt.

Damit gelangen besonders im Dachgeschoss erstaunliche Effekte. Der kleinteilige Grundriss wurde Etage für Etage aufgelöst und neu strukturiert.

Ein dunkler Streifen auf dem Küchenboden, der von rechts nach links unter dem Herdblock verläuft, zeugt von den vorgefundenen Dimensionen. Hier stand die Mauer zwischen Küche und Schlafzimmer.

Auf dem Streifen haben die Bauherren im Kontrast zum Rest des Bodens dunkles Holz verlegen lassen. Die Veränderung sollte sichtbar bleiben.

Überraschung hinter Gipskarton

Während der Bauarbeiten fand das Team hinter vorgesetzten Wänden und abgehängten Decken immer wieder historische Schätze. Auf die imposanten Deckenbalken in der Küche stieß Architekt Beer, weil das vorab erstellte Aufmass des Gebäudes Hinweise auf verdeckte Zwischenräume gab.

Ein in die Decke gebohrtes Loch bestätigte schnell die Vermutungen. Und tatsächlich verbarg sich darüber mehr als ein Meter Luftraum inklusive der Balken. Die waren pechschwarz. Sie wurden abgeschliffen, auf Schadstoffe geprüft und geölt. Es gab eine verfaulte Stelle, die hat der Zimmermann ausgeschnitten und durch neues Material ersetzt.

Iris und Christian Müller waren fasziniert. Sie bezogen alle historischen Bauteile, die während der Arbeiten zutage kamen, in ihr Konzept ein.

„Es war spannend. Jede Entdeckung hat sich wie eine kleine Reise in die Vergangenheit angefühlt, so hautnah.”

Behörden-Stress

Das Haus ist innerlich komplett entkleidet worden, um nach versteckter Feuchtigkeit zu schauen. Im Hof wuchsen die Stapel abgenommener Gipskartonplatten, die irgendwann vor die Bruchsteinmauern gesetzt worden waren.

Ein erfahrener Maurer hat die freigelegten Steine gereinigt und das Mauerwerk restauriert. Im Original ist es jetzt im Arbeitsraum von Christian Müller zu bewundern, weiß getüncht in der Küche. Für einen zusätzlichen Zugang zur Terrasse war die Vergrößerung eines Fensters zum Hof hin nötig.

„Daraus wurde eine lange Debatte mit der Genehmigungsbehörde. Wir haben viel miteinander gesprochen – immer so lange, bis sich eine für alle Seiten verträgliche Lösung fand. Lieber ein, zwei Diskussionen mehr führen und im Gespräch bleiben, das hat sich über die gesamte Zeit hin bewährt.”

Maximale Effizenz

Klug bedacht wurden zahlreiche Details, damit das Stadthaus dem Alltag gewachsen ist. Intelligent Stauraum schaffen war ein Aspekt. Ein Schrankeinbau im Treppenauge, drei Etagen hoch, war die perfekte Lösung und entlastet nun die Räume. Im Dachgeschoss werden Schiebetüren dem knappen Raum gerecht.

Bauherren und Architekt haben dem betagten Bau mit viel Liebe behutsam modernes Leben eingehaucht.

Umbau-Daten

Projekt: Sanierung Stadthaus in der Altstadt von Weiden
Baujahr: 16. Jahrhundert
Maßnahmen: Bruchsteinmauerwerk restauriert, Dach ausgebaut, Dachstuhl und Dacheindeckung erneuert, Grundriss angepasst, rückwärtig Kunststofffenster durch Holzfenster ersetzt
Umbaukosten: 1.590 Euro je m2 
Wohnfläche: vorher 220 m2, nachher 230 m2 
Grundstück: 164 m2 
Architekt: Karlheinz Beer, Büro für Architektur und Stadtplanung

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