Grün statt Grau: Kommt bald ein Steingarten-Verbot?
Alles grau oder was?
Eine graue Kiesfläche vor dem Haus. In der Mitte eine Steinskulptur. Grauer Betonboden mit ein paar Kakteen als verhaltene grüne Farbtupfer. Oder drei Stelen auf einem kleinen Platz mit Schottergestein. Kurzum: Graue Tristesse.
"Gärten des Grauens"
An sogenannten Stein- oder Schottergärten erhitzen sich bundesweit die Gemüter. Die Facebook-Seite Gärten des Grauens zählt über 50.000 Fans und postet regelmäßig Fotos von grauen Betonwüsten. An den kargen Vorgärten stören sich nicht nur Nachbarn – die meist unbegrünten Flächen sind auch nicht sehr umweltfreundlich.



Vorgärten mit Schottergestein werden immer beliebter. Sie sehen zwar ziemlich öde aus, machen aber vermeintlich weniger Arbeit. Hausbesitzer, die keine Zeit haben, sich um den eigenen Garten zu kümmern, setzen auf einen Stein- oder Schottergarten. Immer mehr Gartenbesitzer verwandeln ihre Vorgärten nach dem Motto "Wenig Pflanzen, wenig Arbeit" in triste Kiesflächen.
Reduzierte Formen
Zusätzlich befördert sicherlich auch der Trend hin zu einer puristischen Architektur die minimalistischen Steingärten. Denn die schlichten "Gärten" passen optisch zur reduzierten Formsprache der Häuser.
Das Problem: Die insektenfeindlichen Schottergärten enthalten meistens nur wenige oder gar keine Pflanzen. Und falls doch doch mal etwas Grün in den Steinbeeten zum Einsatz kommen, sind es oft keine heimischen Arten. Diese bieten hiesigen Tieren kaum oder keine Nahrung. Die kargen Vorgärten tragen mitunter also sogar zum Artensterben bei.




Gesetz für mehr Grünflächen
Bremen erwägt nun sogar, die tristen Gärten zu verbieten. Zumindest arbeitet die rot-grüne Regierung an einem Gesetz, das die Begrünung von Freiflächen regeln soll. Der Entwurf zum "Ortsgesetz über die Begrünung von Freiflächen und Flachdachflächen" soll in der zweiten Maiwoche verabschiedet werden.
Damit sollen künftig Außenflächen, die nicht für eine besondere zulässige Nutzung vorgesehen sind, begrünt oder bepflanzt werden. Stellplätze für Fahrräder zum Beispiel dürfen weiterhin gepflastert werden. Große graue Steinbeete gehören dann allerdings der Vergangenheit an.
Neue Gebäude mit Flachdächern ab 100 Quadratmetern sollen unter dem neue Gesetz zur Begrünung verpflichtet werden. Bestehende Gärten und Bauanträge seien von der neuen Regelung nicht betroffen, heißt es aus Bremen.
Die Ursprünge von Steingärten gehen übrigens bis ins 19. Jahrhundert zurück. Als damals im Rahmen des beginnenden Tourismuszeitalters britische Bergsteiger die Alpen für sich entdeckten, wollten sie die alpine Vegetation zu Hause konservieren. Und so wurden Felsensteine und Geröll auf die Insel verschifft – Enziane und Co. gediehen im feuchten Klima Großbritanniens allerdings nur schwerlich.
Grüne Dächer und Vorgärten
"Es ist das Bestreben, der schleichenden Verschotterung der Vorgärten einen Riegel vorzuschieben und dort eine Bepflanzung sicherzustellen", kommentiert Bremens Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne).
Mit der Regelung wappnet sich Bremen für die Folgen des Klimawandels. Vor allem das städtische Klima im kleinsten Bundesland soll dadurch verbessert werden. Grundstücksbesitzern soll künftig eine Liste mit insektenfreundlichen Pflanzen zur Verfügug gestellt werden.
Auch andere Städte gehen gegen die Betonwüsten vor. In Heilbronn zum Beispiel gibt es bereits ein Stein- und Schottergartenverbot für Neubaugebiete. Auch im rheinland-pfälzischen Speyer wurde bei Neubauvorhaben eine Begrünungssatzung erlassen, die Steingärten verhindert.
Im nordrhein-westfälischen Velbert haben die Grünen im Stadtrat im Umweltausschuss einen Antrag gestellt. So sollen Vorgärten künftig statt mit Steinen vollflächig mit Vegetation begrünt werden. "Befestigte/versiegelte Flächen sind nur für die erforderlichen Zufahrten/Stellplätze, zuwege und Müllstandplätze zulässig", heißt es in dem Antrag. Ob die Begrünung im Vorgartenvorgeschrieben werden kann, soll im Einzelfall geprüft werden. Darüber hinaus sollen Architekten und Bauherren für das Thema sensibilisiert werden.
Der Naturschutzbund (NABU) begrüßt diese Vorhaben. "Einige Kommunen sind schon sehr aktiv, es müssten natürlich noch mehr werden", kommentierte NABU-Gartenexpertin Marja Rottleb.
Viele Großstädte fördern die Bepflanzung von Dächern, Fassaden und Innenhöfen. Die Vorteile von begrünten Dächern:
- speichern bei Regen das Niederschlagswasser
- haben bei Hitze eine kühlende Funktion
- fördern die Artenvielfalt von Pflanzen, Insekten und kleinen Tieren
Pflanzen statt Steine
Die konkreten Bestrebungen in Bremen und anderen Städten sind womöglich erst der Anfang. Medienberichten zufolge wollen die Umweltminister mehrerer Bundesländer die Bundesregierung zu einer Kampagne gegen Stein- und Schottergärten bewegen. Grundstücksbesitzer sollen künftig darüber aufgeklärt werden, wie sie ihre Gärten insektenfreundlich gestalten können.
"Schauen wir uns die privaten Gärten an, so müssen wir eine deutliche Verarmung der Lebensräume für Insekten feststellen", zitiert die "Neue Osnabrücker Zeitung" den saarländischen Umweltminister Reinhold Jost. "In sterilen Stein-Vorgärten werden keine Bienen summen oder sich Schmetterlinge niederlassen."
Und schließlich sorgen Bienen und Co. nicht nur für einen blühenden Garten, sondern spielen darüber hinaus eine tragende Rolle beim Klimaschutz.
Kleinen Helfern helfen

Grüner Garten
Sind Stein- und Schottergärten wirklich pflegeleichter als bepflanzte Flächen? Klar, ein Garten braucht Pflege. Ein grüner Garten ist aber nicht unbedingt pflegeintensiver als ein grauer Steingarten.
Es ist ein Trugschluss, dass zum Beispiel große Kiesflächen weniger Pflegeaufwand als ein Garten benötigen, nur weil etwa das Rasenmähen wegfällt. So können etwa angeflogene Samen zwischen den Steinen keimen und es muss ebenfalls Unkraut gejätet werden. Außerdem kann sich je nach Klima zwischen den Steinen Moos bilden.
Ob der Garten pflegeleicht ist, hängt nicht allein von seiner Größe ab. Die Auswahl der Pflanzen wirkt sich wesentlich auf den Pflegeaufwand aus. Und es muss ja nicht gleich ein Wildgarten sein, in dem alles bunt durcheinander wächst.
Lockere Hecken aus Blütensträuchern und Wildgehölzen brauchen nach der Pflanzung nur noch gelegentlich einen Auslichtungsschnitt. Und die Fläche im Garten kann mit genügsamen Gewächsen wie Farnen ebenfalls pflegeleicht gestaltet werden. Beete sind – richtig angelegt – ebenfalls pflegeleicht.
Pflegeleichter Garten

Was halten Sie von Steingärten?
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